Chroniken » Chroniken VII. - Die Zeit des Siegels: Berichte und Erlebnisse vom Hof der Nacht im Jahre 2010
2010.03.27 - Sangre y Juegos: Verwirrung
09.04.2010 - 08:38

Seltsam. Die letzte Nacht war äußerst seltsam gewesen. Der Saal war voller Gestalten gewesen, die ihr Angst eingejagt hatten. Spitze Zähne hatten sie aus bleichen Gesichtern angelächelt, kalte Hände hatten nach der ihren gegriffen. Warum hatte Konstantin sie dorthin mitgenommen?

Angestrengt legte sie die Stirn in Falten; da war ein Gedanke, aber er entglitt ihr, ehe sie ihn fassen konnte. In ihre Grübeleien versunken, krallte sie ihre Finger in das dicke Fell des Hundes, der vor ihr saß und freundlich seine hässliche Schnauze hob und sie anschaute. Die Wolfsfrau hatte das Tier gekannt. Und sie auch. Scheinbar hätte Michelle Maljinn auch kennen müssen, aber sie konnte sich nicht an sie erinnern. Verwirrt zog die junge Frau die Nase kraus. Sie war aus dem Gefasel der Schamanin nicht schlau geworden. Michelle kannte sie, aber sie kannte sie auch nicht, weil Jordis gestorben war. Aber wer war Jordis?

Überhaupt: wer waren all diese Leute gewesen? Manche waren ihr bekannt vorgekommen. Scheinbar hatte sie viele Freunde dort, zumindest hatte man ihr das gesagt. Herr Nekhrun hatte gelacht und bemerkt, welche Ironie es doch sei, dass so viele Fäden gezogen und so viele Dinge in Bewegung gesetzt würden, ja, dass so viele Angehörige des Hofes ihre Hilfe angeboten hätten, und die einzige, die all dies weder begreifen noch würdigen könne, sei sie. Michelle gab ihm Recht, sie verstand es wirklich nicht.

Sie schauderte. Er war ihr unheimlich. Sir Archibald, ganz väterlicher Freund wie stets, hatte ihr erklärt, Herrn Nekhruns äußeres Erscheinungsbild sei einer bestimmten Mode geschuldet; welche Mode das sei, konnte er ihr jedoch nicht verraten.

Sie zuckte mit den Schultern. Wie war sie nur auf diesen Gedanken gekommen? Es war ihr gleich, sie hatte Wichtigeres zu tun. Als Priorin hatte sie einige Pflichten zu erfüllen. Und, vielleicht noch wichtiger, sie sollte Lothringus zur Seite stehen, im ewigen Krieg, den Weltenbrand zu verhindern. Doch sie war krank, das wusste sie. Was war geschehen? Sie vermochte es nicht mehr zu sagen.

Erneut verfiel sie ins Grübeln.


Michelle


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