Chroniken » Chroniken VII. - Die Zeit des Siegels: Berichte und Erlebnisse vom Hof der Nacht im Jahre 2010 |
2010.11.27 - Im Dunkeln |
29.11.2010 - 18:02 |
Schreie. Blut. Angst.
Kommt es ihren erstickten Schreien nah, ihrer Angst?
"Bitte... es war doch nur Spaß... wir wollten doch nicht..."
Er ist erbärmlich, wie er dort liegt. Der Gedanke, dass er Macht über sie hatte, ist geradezu lächerlich. Aber jetzt ist sie es, die die Macht besitzt. Das Skalpell. Das Feuer.
"Warum?"
"Wir dachten, wenn Du schon so verzweifelt bist..."
Ekelerregend.
"Warum?"
Er sucht nach Antworten, schreit, fleht. Es wird ihm nicht helfen.
"Warum?"
Dabei ist es doch so offensichtlich...
Mehr Blut fließt. Wie einfach es ist.
"Warum?"
Irgendwann fängt er an zu reden... Namen, Adressen. Andere wie er. Sie schreibt sie auf. Aber die Frage bleibt.
"Warum?"
Er versteht es nicht, versucht es auf seinen Vater zu schieben. Aber mit Vätern kennt sie sich aus. Das ist keine Entschuldigung.
"Warum?"
Sie dankt im Geiste Harold Pinter, obwohl der wohl gar nicht von ihrer Interpretation seiner Befragungsszene begeistert wäre. Aber das ist wohl künstlerische Freiheit.
"Warum?"
Sie reden weiter, filmen ihn.
"Schrei für die Kamera."
Er findet die Antwort nicht. Die Wurzel des Übels. Bis sie sie zerstört. Wir warm sein Blut ist... Alex scheint es zu genießen. Sie ist froh, dass sie da ist, ihr hilft, weiterfragt wenn ihr nichts mehr einfällt. Sie gibt ihr Sicherheit.
Er wird immer jämmerlicher.
Sie erklärt ihm was er ist, was sie in ihm sieht, versucht ihm das Prinzip des Naturalismus zu erklären. Er scheint es zumindest annähernd zu verstehen.
"Ja, okay, ich bin Abschaum. Bitte - "
"Nein. Du bist weniger als Abschaum."
Und noch immer hat er Hoffnung, bittet um einen Krankenwagen. Idiot.
Irgendwann nähern sie sich dem Ende.
"Brennen oder schneiden?"
Er kann sich nicht entscheiden.
"Brennen oder schneiden?"
"Brennen oder schneiden?"
"Brennen oder schneiden?"
Schließlich entscheidet sie für ihn.
"Schneiden also."
Die Klinge liegt ruhig in ihrer Hand. Sie zögert den Moment hinaus, fragt sich wie lange sie schon hier sind. Die CD ist noch nicht einmal durchgelaufen. Für ihn muss es eine Ewigkeit gewesen sein.
"Bitte..."
"Shh... es ist gleich vorbei. Nur ein Stich... genau hier... dann sind es nur noch ein paar Sekunden... halt still."
Er wird ihr nichts mehr tun. |
Vania Juarez-Moreno |
gedruckt am Heute, 14:52 |
|
http://www.theater-der-vampire.de/include.php?path=content/content.php&contentid=1090 |
|