Chroniken » Chroniken VIII. - Die Zeit des Kreises: Berichte und Erlebnisse vom Hof der Nacht im Jahre 2011
2011.05.27 - Schmerz, der die Seele zerfrisst
01.06.2011 - 22:16

Gedanklich war ich bereits beim nächsten Treffen des Hofes, bereits am nächsten Tag wollte ich abreisen und mich auf den Weg machen.

Doch es sollte alles anders kommen.
Es war bereits nachmittag als es an der Tür klingelte. Vor mir stand ein junger Mann, ich erkannte ihn sofort. Er gehörte zum Hauspersonal von A., jenem Vampir der mich in seinem Haus in England aufgenommen hatte als ich dort einige Jahre nach S. suchte. Er kannte mich gut. Eine lange Freundschaft verbindet ihn mit
meinen Familien, aber das ist eine andere Geschichte.

Ich nahm stumm den Umschlag entgegen den der Mann mir reichte...es konnte nichts Gutes bedeuten wenn A. mir schrieb...

Zitternd öffnete ich den Brief. Ein Flugticket fiel heraus, daran ein Brief geheftet. "M. komme sofort nach Irland, ich würde Dir dies nicht schreiben wenn die Lage nicht ernst wäre. Ich werde Dich am Flughafen abholen! A."

Ich werde diese Worte nicht vergessen und nichts von dem was danach geschah.

Meine Nerven waren zum zerreissen angespannt, ich war unendlich froh als das Flugzeug endlich landete. Ich wartete noch auf mein Gepäck, als A. auf mich zu kam. Der Ausdruck in seinem Gesicht lies mich zittern, ich hatte ihn noch nie so niedergeschlagen gesehen!

Er nahm mich in den Arm, erst schwieg er, dann schaute er mich an, hielt mich dabei fest umschlungen und flüsterte kaum hörbar. "Meabh, sie sind fast alle tot, mich ereilte der Hilferuf eines Alten, aber als ich ankam war es bereits geschehen!"

Mein Körper versagte, ich spürte es, wehrte mich auch nicht dagegen. Als ich wieder auf wachte lag ich auf einem Bett in einem Hotelzimmer.

Er erzählte mir alles was er wusste, was er herausgefunden hatte als er vor einigen Tagen in Irland an gekommen war. Immer wieder verlor ich mein Bewusstsein, meine Seele verschloss sich. Ich weinte wie ich es noch nie tat.

Er brachte mich zum Anwesen meiner Familien, was ich dort sah, werde ich nie in Worte fassen können...und es stimmte fast alle waren tot. Nicht ganz eine Handvoll der ganz alten Vampire "lebten" noch...doch A. sagte mir es würde sehr lange dauern bis sie wieder "genesen" wären. Was meine menschliche Familie betraf, gab es nur noch zwei Mädchen die diesen Irrsinn überlebt hatten, meine jüngste Schwester und eine meiner Nichten. Beide nicht viel älter als sechs Jahre...sie versteckten sich im angrenzenden Wald, dort wo unsere Wölfe gelebt hatten. Das Rudel, es lebte schon immer mit uns und auch in meiner Kindheit waren sie treue Gefährten. Die Wölfe schützen die Mädchen. Es grenzt an ein Wunder.

Doch was mir A. zum Schluss erzählte, drohte mir meinen Verstand vollends zu rauben. Er erzählte mir, das kurz vor diesem Massaker S. wieder nach Irland (MEIN S.) gekommen war, aus welchem unerklärlichem Grund auch immer. Aber es wird einen gegeben haben, das er heim ging und mich nicht suchte um mich mit zu nehmen. Oder wusste er gar nicht dass ich fortgegangen war, kurz nachdem er verschwand? NEIN, unmöglich konnte er das gewusst haben! Wollte er mich schützen? Wie schon so oft! Und plötzlich wurde mir klar was A. mir nun erzählen würde.

S. war tot, wie fast alle, die ich liebte und ehrte. Es war Tag als sowohl das Gut meiner Familie aber auch die Gewölbekeller der Scáth angegriffen wurden, niedergebrannt. Doch S. starb offensichtlich nicht wie die anderen Vampire im Feuer, er "lebte" noch als man ihn in einen Käfig steckte und der Sonne aussetzte. Die Überreste, ich sah sie, sah am Boden des Käfig sei Amulett liegen...

Ein Tag sprach ich nicht, konnte nicht sprechen, weinte stumm. Beinahe wäre ich dem Wahnsinn anheim gefallen. Chaos in meinen Gedanken, Angst, Schmerz so unvergleichlicher Schmerz, dann Leere!

Ich fing mich, riss mich zusammen. Vorwärts! Es musste sein, für meine Familie!

Zusammen mit A. regelte ich alles. Lies alles was noch zu finden war, alle Bücher verpacken. Ich beschloss mit A. (dem ich über alle Maßen dankbar bin und ohne den ich all das nicht fertig gebracht, geschweige denn überlebt hätte!) alle "Überlebenden" fort zu bringen. Hier konnten sie nicht bleiben, genauso wenig wie ich. Ich regelte alle Besitzgüter unserer Familien, dann verließen wir Europa. A. hatte die perfekte Möglichkeit alle geschützt unter zu bringen. Die Alten würden über die Zeit genesen und die beiden Mädchen, ja sie würden durch menschliche Frauen groß gezogen werden und auf ihre Aufgaben vorbereitet werden.

Denn ich konnte diese Aufgabe nicht übernehmen, kann es immer noch nicht! Werde es nie können.

Was in mir erwachte ist größer und verzehrender als Hass! Ich beschloss sie zu finden, die die mir meine Familien nahmen. Ihr Blut für das meiner Liebsten!

Ich muss zurück kehren an den Hof der Nacht, nur dort kann ich meine Ziele verfolgen.


Meabh


gedruckt am Heute, 19:18
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