Chroniken » Chroniken VIII. - Die Zeit des Kreises: Berichte und Erlebnisse vom Hof der Nacht im Jahre 2011 |
2011.10.29 - Tanz der Schatten: Tanz unter Bestien - Kapitel 4 |
13.11.2011 - 23:16 |
Mein Körper gehörte wieder mir. Lothringus schien noch mit Rechtfertigungen gegenüber der Gräfin beschäftigt zu sein. Wunderbar. So konnte ich mich weiterhin von der Entführung meines Körpers erholen.
Und wie konnte dies besser gelingen als mit einem Tanz mit Lilith. Diese junge Lektorin steckte voller irrwitziger Ideen gefüllt mit Frohsinn und Optimismus. Wie konnte ich da nur nein sagen.
Beschwingt tanzten wir durch den Saal. Nun, ich bemühte mich redlich als männliche Führung, was eher etwas schwerlich gelang. Dafür sorgte es für um so mehr humorvolle Momente. Und immer wieder stand Lothringus im Wege. Oh welch Vergnügen – er tanzte mit der Gräfin.
Dann kam ein jähes Ende meines Tanzes mit Lilith. Elegant entzog mir Simon Krieg meine Tanzpartnerin aus meinen Armen. Ich sah nur verdattert und sorgvoll hinterher.
Mir schlug das Herz bis zum Hals. Ich suchte verzweifelt nach Sin und Astarte. Sah sie aber nirgens. Wie sollte ich mich je allein gegen Simon wehren können? Oh, Lilith. Du tanzt mit dem Tod.
Alles um mich herum war vergessen. Meine Augen fixierten nur Simon und Lilith. Ich sah seine gierigen Augen und das zuerst unbekümmerte Lächeln Liliths.
Innerlich flehte ich Lilith an, diesen Tanz abzubrechen. Sich verdammt nochmal in Sicherheit zu bringen.
Und sie tat es. Mitten im Tanz brach auch sie ab. Höflich wie es schien. Doch einem Raubtier gleich fixierte ich Simon mit meinen Augen. Eine falsche Bewegung. Eine falsche Geste und ich würde sämtliche Contenance verlieren.
Kaum war Lilith in meiner Greifweite, zog ich sie aus dem Ballsaal in die schützende Reichweite der Hausmitglieder von Nekhrun. Im Speisesaal durfte mein Herz sich endlich wieder beruhigen. Der Tod lauerte an diesem Abend in sämtlichen Ecken. Aber jetzt durfte dieser stillharrend im Schatten nur lauschen. Lauschen den unzähligen Fragen, die Lilith gegenüber Astarte und Sin brachte.
Schweigend hörte auch ich zu.
All diese Fragen hätte auch ich beantworten können. Seltsam diese Vertrautheit. Dieses Kennen der Welt hinter dem Schleier. Doch ich schwieg. Es wäre anmaßend gewesen die geduldigen Antworten von Astarte durch meine Erklärungen zu unterbrechen.
In ihrem Wissendurst gestillt kehrten Lilith und meine Wenigkeit zurück in den Ballsaal. Die bekannte Glocke des Nicht-Hyäanen-Butlers forderte zum erneuten Tanz auf. Diesmal hielt ich mich aber lieber schön im Hintergrund. Mit Erfolg und einer Banane in meiner Hand! Ein wenig Zucker konnte nicht schaden.
Zu spät bemerkte ich dass jemand anderes noch ein immenses Interesse an meiner Banane hatte. Dieses Wesen, welches sich gerne überall ausgiebig kratze und gerne auf Treppen-Geländern herumsprang. Wie manisch fixierte das Ding meine Banane. Die gehörte aber mir! Demonstrativ aß ich sie genüsslich. Da ich ja scheinbar noch nicht mal Anrecht auf meinen Körper hatte, erwiesenermaßen, dann zumindest auf meine Banane!
Und dann geschah alles sehr plötzlich. Nein, die Banane blieb in meinem Besitz!
Eine weitere sehr eindrucksvolle Gestalt ermächtigte sich der Tanzfläche. Eindeutig ein Vampir. Das sah selbst ein Blinder mit einem Krückstock. Ich habe ihn den ganzen Abend nicht gesehen. Tauchte er etwa aus dem Nichts auf?
Oh ja, dies war der Abend der Vergangenheit. So wundervoll wie es die Gräfin als Begrüßung verkündete. Und nun holte sie jene selbst ein.
Jener Zylinder bestückte Vampir war niemand anderes als Ysadoras eigener Erschaffer. Vorwürfe regnete es aus seinem Mund der Gräfin entgegen. Was sie aus seinem Erbe gemacht habe.
Und dann überstürzte sich eines nach dem anderen. Ehe ich mich versah überreichte mir Sylphide die Hellseherin, welche sich mir verzweifelt und den Tränen nahe als Kassandra vorstellte. Der Höflichkeit halber gab ich auch meinen Namen preis, doch es lag mehr Verwirrung als Überzeugung in meinen Worten.
Dann wurde es Dunkel.
Instinkte... fauchte Ysadora in die Finsternis hinein. Die Welt der Vampire... wie sie aufspüren... jagen... und erlegen.
Kassandra brach in Tränen aus. Ich spürte ihre Angst in meinen Armen. Fest hielt ich sie umschlungen. Das Beben ihres Körpers wollte nicht aufhören. Der einzige Schutz der uns blieb, war ein mir unbekannter Vampir mit schlechtem Humor. Sylphide hatte ihn mit unsrem Schutz beauftragt. Dies war der einzige Trost in diesen dunkeln Momenten.
Lilith! Ich sah sie zuletzt bei Sin. Zwar etwas verstört strahlend, aber sicher. So fest wie ich Kassandra in diesem Moment drückte um ihr Geborgenheit zu geben, so sehr drückte ich in diesem Moment Lilith. Wenn auch nur gedanklich.
Nur mühsam konnten sich meine Augen an das Dunkel gewöhnen. Ich hörte nur das Fauchen und Kreischen um mich herum. Langsam war ich mir nicht mehr sicher, ob sich Kassandra an mich klammerte oder es vielleicht doch andersrum war.
Und dann konnte ich es im Halbdunkeln erkennen. Ich sah eine Person nicht unweit vor mir auf dem Boden liegen. Sie röchelte und zuckte. Es wurde hell und ich konnte nun erahnen, wer diese Person war. Auch wenn ich nur ihre Beine bis hin zur Hüfte erkannte, wusste ich sofort wer es war. Namaah. Eine Erwählte aus dem Hause Khaan.
"Nein!", fluchte ich in den immer noch zitternden Schopf der Hellseherin, die mir bereits mein Dekolleté nass geweint hatte.
Bitte nicht sie. Mir lief der Schauer eiskalt den Rücken hinab. Nun hatte die Furcht auch mich gänzlich ergriffen. Verdammt!
Erst jetzt bemerkte ich, dass Astarte wohl die ganze Zeit schon neben mir stand. Sie schien ebenso in Aufregung wie ich. Mich in Sicherheit wissend suchte sie verzweifelt nach Lilith. Wie groß war doch ihre Sorge um ihre Schützlinge.
Ein Fauchen direkt vor mir ließ mich von Astarte wegzucken.
Ich starrte fassunglos in die Augen von Namaah. Zumindest dachte ich es. Doch diese, einst für Namaah gehaltene Person, forderte mein Blut. Bitte?
Dann erkannte ich die tiefe Bisswunde an ihrem Hals... der fahle Teint... die Gier eines Vampirs in ihren Augen. NEIN!
Ich war überwältigt von dem Schock, der Tatsache dass an diesem Abend alleine drei junge Vampire unter uns waren. Zwei erst heute geboren. Und warum ausgerechnet die beiden.
Die Gräfin zog sich zurück. Verständlich.
Somit endete auch der Ball und mit einem großen Fragezeichen verließe ich stets in der Nähe des Hauses Nekhruns diesen gewaltsamen Abend. Es dauerte Stunden bis die Angst gänzlich aus meinen Knochen verschwunden war. Noch nie habe ich mich so verletzlich gefühlt. Und es bedurfte aller Kraft, dies nicht zu zeigen.
Wieviel Blut wurde heute vergossen! Törichte Burschenschaft mit einer dämlichen Mafia-Theorie!
Zwei neu erschaffene Vampire. Niemand andere hätte mich mehr verwundern können.
Entfremdet aus dem eigenen Körper. Zum Glück von Freunden und Vertrauten umgeben.
Der Tanz mit dem Tod. Ein Tanz der Bestien. |
Eresh´Kigal |
gedruckt am Heute, 14:41 |
|
http://www.theater-der-vampire.de/include.php?path=content/content.php&contentid=1151 |
|