Chroniken » Chroniken VIII. - Die Zeit des Kreises: Berichte und Erlebnisse vom Hof der Nacht im Jahre 2011 |
2011.11.20 - Epilogue: Herzzerreißende Trauer |
20.11.2011 - 19:37 |
Noch einmal öffnete er die runde, schicke Geschenkschachtel und blickte hinein obwohl er das im Grunde überhaupt nicht wollte, doch das Entsetzen und der Schmerz waren mächtiger als Vernunft und Selbstschutz. Die Qualen zerrissen sein Herz erneut, als er sich zwang den Inhalt wieder anzusehen: das herausgerissene und von Nägeln - "Nine Inch Nails" echote ihre weiche Stimme in seiner Erinnerung - durchbohrte Herz seiner einstigen Geliebten und angehenden Erwählten.
Der Anblick schnürte seine Kehle zu und seine Seele flehte ihn an seinen Blick von diesem unendlichen Alptraum abzuwenden, doch er zwang sich, es weiter anzustarren - eine Art Selbstkasteiung, Selbstbestrafung für das, was er falsch gemacht hatte. Sowohl zu Lebzeiten als auch nach seiner Verwandlung in einen Vampir hatte er viel Leid, viel Verzweiflung und viel Schmerz erfahren, doch nichts davon war auch nur annähernd mit dem zu vergleichen, was er nun empfand, keine Qual zuvor kam der jetzigen auch nur nahe. Vielleicht würde es den Geist seiner ermordeten einstigen Liebe freuen zu sehen wie sehr er nun litt, welche Qualen ihm ihre Ermordung zufügte. Vielleicht fand ihr Geist Rache aus dem Jenseits als der Vampir von seinem Kind hören musste, was seine ehemalige Geliebte in ihren letzten Atemzügen für ihn empfunden hatte.
"Ich wünschte ich wäre ihm niemals begegnet", sollen ihre letzten Worte gewesen sein und diese Vorstellung verschlimmerte sein Leiden unvorstellbar - und würden ihm für den Rest seiner Existenz, noch für viele, viele Jahrhunderte verfolgen um ihn zu quälen, eine grauenhafte Folter für die Ewigkeit.
"Ich weiß Du wirst mich dafür hassen, vielleicht wirst Du sogar nie wieder mit mir sprechen oder mich nie wieder sehen wollen, aber ich hatte sie gewarnt, hatte es ihr geschworen - sie kann mir antun, was auch immer sie will, doch wenn sie Dir das Herz bricht, werde ich ihr ihres herausreißen", hatte sein Kind zu ihm gesagt, als es ihm in der gestrigen Nacht am ganzen Körper heftig zitternd und in Tränen aufgelöst eine Haarsträhne, die er viel zu schnell wiedererkannte, und die runde Schachtel überreichte. Was sich darin befinden würde wusste er nach diesen Worten nur zu genau und dennoch öffnete er sie - der Schmerz war unbeschreiblich, am liebsten hätte er aus voller Kehle geschrien, doch er fand keine Kraft mehr selbst für die geringste Bewegung, das Entsetzen ließ ihn erstarren. Nur zu gerne hätte er geschrien, getobt, sein Kind verstoßen oder den schlimmsten Foltern ausgesetzt, doch das Einzige, was die letzten Funken seiner Kraft und seines Lebenswillens noch hervorbrachten waren die leisen Worte:"Warum hast Du mir das angetan?"
Für Rache oder Strafen blieb ihm keine Kraft mehr übrig und letztendlich ergaben sie auch keinen Sinn mehr; zu viele Zwistigkeiten und Auseinandersetzungen hatte er mit seinem Kind und seiner Familie wegen seiner ehemaligen angehenden Erwählten geführt, zu viel Leid hatte diese innerhalb der Familie verursacht.
Als der Schmerz nun über jede Erträglichkeit hinauswuchs und er den Anblick nicht länger ertragen konnte schloss er die Schachtel wieder. Morgen Nacht würde er einen Platz im Wald, weit abgeschieden am See aussuchen, das Herz dort bestatten und seinen allerletzten Abschied von der einstigen Liebe nehmen. Nur vom Schmerz würde er sich nicht verabschieden können, denn dieser würde ihn für den Rest seiner Existenz verfolgen und jede Erinnerung in eine Hölle verwandeln, von der ihn niemand jemals wieder erlösen könnte. Seine Augen wanderten von der Schachtel zu der Haarsträhne und dann liefen ihm Tränen über seine Wangen. Und er weinte - bis zum Ende der Nacht. |
Anonym |
gedruckt am Heute, 14:29 |
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