Oh Göttin, jetzt ist ein Großteil von Lilly also endgültig weg. Aber von Anfang an...
"Save the Fairyland we live in
where all failings are forgiven"
(Angelzoom)
Sin, Astarte und ich sind schon vor Ort, um uns umzusehen - wer da ist und ob Saskia gekommen ist. Sicherheitshalber werde ich mich heute Nacht immer in Nähe von Astarte oder Sin aufhalten und habe mir selbst ein Glöckchen angelegt. Eine kurze Ansprache enthüllt, dass die zugeknöpfte Shirley Jones mit Hilfe des Ordo Artiums den Abend organisiert hat. Plötzlich jedoch Aufruhr im Saal: Sylphide, seit Wochen spurlos verschwunden, ist Tommy vors Motorrad gelaufen! Schlimmer noch, sie hat ihr Gedächtnis verloren, weiß nur noch ihren Namen, erinnert sich ansonsten aber nur noch an Wald und will raus. Sie tobt durch den Saal, tanzt, springt, versucht uns zu entkommen. Doch dann taucht Callisto auf.
"Whenever you call me, I'll be waiting
Whenever you need me, I'll be there"
(Lenny Kravitz)
Eresh ist gekommen, Callisto und Sin geleiten Krieg hinaus, sie will mit ihm sprechen. Astarte und ich bleiben zurück, wartend. Als Krieg zurück kommt kann ich nicht an mich halten, sein entsetzter, verwirrter Blick ist unbezahlbar. Wie gerne wäre ich bei diesem Gespräch dabei gewesen.
Schließlich kommt sie herein, Janus kündigt sie standesgemäß an. Wir knien nieder, Fey schreitet an Ereshs Seite an uns vorbei.
Die Familie soll sich im Kreis aufstellen, die Asusenen helfen uns. Maljinn holt Eresh in die Mitte und beginnt dann mit dem Ritual. Sie ruft die vier Elemente an, schreitet den Kreis ab. Wir konzentrieren uns auf ihre Worte, fühlen die Erde unter unseren Füßen, den kühlen Wind, das brennende Feuer und die Wasserwogen. Sie verkündet, dass etwas gekommen ist, ohne dass etwas gegangen sei und dass die Götter deshalb sehr erzürnt wären und ein Opfer von brennendem Blut verlangen.
Janus knöpft gehorsam seinen Hemdsärmel auf, seine Maske ausdruckslos. Eresh ergreift seine Hand und lässt ihn brennen. Stöhnend sackt er zusammen, doch Maljinn verlangt mehr. Schließlich hat sie genug und schneidet sein Handgelenk auf. Sein Blut tropft in einen Becher, welchen sie anschließend austrinkt.
Endlich wendet sie sich Eresh zu. Sie ruft Lilly heraus, will, dass Cassiopaia sie frei lässt. Sie will sie ins Jenseits begleiten, damit der Seelenkrieg in Lillys Körper ein Ende findet und sie sich auf die neuen Aufgaben konzentrieren kann.
Es fühlt sich an, als würde ich sie noch einmal verlieren, diesmal endgültig. Lilly war die letzten Wochen immer noch präsent, doch Maljinns Überführung ändert das. Ich weiß, so hätte es nicht weitergehen können, die ständigen Machtkämpfe in sich austragen zu müssen war kein Zustand und doch trauere ich erneut um meine Schwester. Cassiopaia übernimmt endgültig die Herrschaft über Lillys Körper und auch wenn ein kleiner Teil von ihr bleiben wird, so wird sich doch alles verändern. Sie ist Nekhruns Tochter und seine rechtmäßige Erbin. Ich werde sie immer lieben und wir alle stehen hinter ihr.
Eresh windet sich am Boden, die zwei Seelen erneut im Kampf verstrickt. Ich sinke zu Boden, die Augen tränenverschleiert. Ich will zu ihr kriechen, ihr beistehen, sie halten, doch Astarte hält mich zurück und so muss ich ein weiteres Mal hilflos mit ansehen, wie sie leidet.
Sin kommt herüber und "bereitet mich zu", damit Eresh sich nach der Anstrengung und für die anstehenden Prüfungen stärken kann. Noch nie hat Essen zubereiten mehr Spaß gemacht. Astarte hält für den ersten Durst her, während Callisto sich um Janus kümmert, denn er wird zusätzlich als Snack dienen. Eresh schlägt ihre Zähne in mein Bein, während Sin mich festhält und dafür sorgt, dass sie mich nicht umbringt. Und wie erwartet wechselt Eresh direkt zu ihrem neuen Diener, bis sie gesättigt ist. Happi fertig. Sie steht auf, sortiert sich und richtet das Wort an die neugierigen Zuschauer. Sie erklärt, dass Nekhrun weg ist und unser Haus nun einen neuen Namen trägt. Als Lyra über Ereshs Ansprache lacht, will ich nichts mehr, als durch den Saal zu fegen und es ihr aus dem Gesicht zu wischen. Doch die Erziehung schlägt an und so überlasse ich es liebend gerne Fey, sie zurechtzuweisen. Sylphide hängt derweil kichernd an ihrem eigenen Spiegelbild, wohingegen die Gräfin einfach nur fürchterlich aussieht. Wo ist nur ihr sonst so höfisch gepflegter Auftritt hinverschwunden?
"Alle reden durcheinander und sagen nichts
Wir leben in bösen Zeiten, nur schlechte Neuigkeiten
Sogar der Nachbar verkündet das Ende der Welt
Wir fliehen aus der Stadt, damit der Wahnsinn ein Ende hat"
(Madsen)
Nach der Aufregung brauche ich einen Drink und so eskortiert mich Sin zur Bar. Gemütlich schlendern wir zurück in den großen Saal, wo inzwischen eine Tanzvorführung stattfindet. Die Tänzerin trägt ein Ballett vor, barfuß. Fasziniert beobachte ich ihre geschmeidigen Bewegungen, wie sich ihr Körper elegant reckt und streckt und durch den Raum kreist. Leise flüstere ich Sin zu, dass ich mir wünschte, ich könne so tanzen. Er antwortet, dass ich das bestimmt eines Tages könnte. Da bin ich ja mal gespannt...
Im Anschluss widmen sich alle wieder ihren Gesprächen, Eresh hat viel zu tun, doch Janus scheint ihr gut zu helfen. Callisto deckt Krieg und Astarte versucht dem politischen Geplänkel im vorderen Bereich zu folgen. Zu unserer Linken findet sich Sir Archibald, den ich seit dem Kumbh Mela sehr schätze. Auch Sin scheint bei meiner Vorstellung als seine Erwählte lockerer zu sein als bei den anderen, sie scherzen und unterhalten sich ausgiebig. Er fragt mich, ob ich lange gesucht hätte oder ob alles sehr schnell ging und wir erzählen ihm, dass ich seit zwei Jahren am Hofe bin und wir uns gegenseitig gründlich geprüft hätten. Er bezeichnet unser Verhältnis als Liebesheirat und glücklich grinsen wir uns an. Ja, so könnte man es bezeichnen. Auch wenn es natürlich nie dazu kommen wird.
Vom süßen Ältesten kehren wir zurück in den Flur, schnappen kurz frische Luft und entgehen dann dem Trubel, indem wir es uns im ersten Treppengeschoss gemütlich machen.
Pünktlich zu einer Lesung von Lawrence sind wir wieder zurück. Er hat Bram Stoker gewählt, denn dieser ist heute seit 100 Jahren und einem Tag tot und hat immerhin "Dracula" verfasst. Die vorgetragene Stelle ist extrem gut gewählt, sie zeigt das Monster, den Spieltrieb, aber ist nicht so verführerisch, dass einer der Anwesenden auf dumme Ideen kommen könnte. Chapeau, wenn ich einen auf hätte.
Wir wechseln zu Astartes Tisch, wo ich mich zu seinen Füßen zusammen kuschele. Demian und Rupert beäugen uns misstrauisch, was stimmt nur nicht? Wir lauschen den Gesprächen, die sich immer noch um Politik am Hofe dreht. Gelangweilt verführe ich ihn nach draußen, an der frischen Luft fängt uns jedoch Sylphide ab. Sie braucht mich - mich? - kurz drinnen.
Verwirrt folgen wir ihr, um herauszufinden, dass sie mit der Gräfin gewettet hat, dass es Sterblichen Spaß machen kann, angenagt zu werden. Die Gräfin hatte wohl noch nie ausreichend mit Nekhrunern - Ereshi! - zu tun, sonst würde sie so etwas nicht fragen. Sin warnt Sylphide, dass sie vorsichtig sein soll, weil heute Nacht schon so oft von mir getrunken wurde, doch sie passt auf und so findet unser erster Biss statt. Genüsslich schließe ich die Augen, taste nach Sins Hand und vergesse die neugierigen Augen der Gräfin. Schnell ist es vorbei und die Gräfin befragt mich. Ich versichere, dass es mir blendend geht und ziehe wieder mit Sin von dannen. Er schnappt sich Callisto und verwirrt bleibe ich zurück, bis er sagt, dass ich auch mitkommen soll. Er will, dass wir uns besser verstehen und eine Verbindung zueinander finden. Und das Wunder des ersten Treppengeschosses lässt sie uns finden.
Glücklich machen wir uns wieder abwärts, um das Ende von Raphaels Vortrag mitzubekommen. Keine Visionen unterbrechen ihn und er trägt es mit weit weniger Pathos als Lawrence vor. Schon ist es vorbei. Ich weiß nicht mal worum es ging. Wie könnte ich mich auch auf seine Worte konzentrieren, wenn ich doch so schön den Nacken gekrault bekomme?
Wir betrachten uns die Bilder an den Wänden näher und sprechen kurz mit der Fotografin über ihre Werke. Sie bringt Sin auf dumme Gedanken mit Schokolade und Perlenketten und er will ihre Kontaktdaten haben. Was hab ich mir da nur angelacht... Aber ihre Bilder sind wirklich gut, ästhetisch und das Spiel mit dem Dunkel beherrscht sie.
Als letzter Programmpunkt stehen Visionen der Madame Mystère auf dem Plan. Ich überlege, davonzulaufen, um keine abzubekommen, doch sie hält nur eine kurze Rede und verschwindet dann wieder. Wo bleiben die großen Offenbarungen?
Im Raum setzen die Gespräche wieder ein, als ein Lieferbote "ein Kunstwerk" hereinschiebt und im Saal abstellt. Es ist mit grauem Tuch bedeckt und einige Zeit traut sich keiner, es wegzuziehen. Ich will, aber natürlich darf ich wieder nicht. Als es schließlich enthüllt wird, entpuppt es sich als der unbekannter, junger Mann, kurz vorm Sterben. Schockiert sehe ich zu, wie er Lawrence ein paar letzte Worte zuflüstert und dann das Licht in seinen Augen erlischt. Er hat einen Zettel bei sich und auf seinem Rücken sind mit Blut zwei Worte geschrieben, doch ich kann sie auf dem Kopf nicht lesen. Es gibt Diskussionen und Beratungen und schließlich lassen die Hardenberger den Leichnam von einem übereifrigen griechischen Entsorger in ihren Wagen schaffen. Seine Nummer muss ich mir besorgen!
Doch damit ist die Aufregung noch nicht vorbei. Als Sin und ich nichtsahnend im Flur stehen, taucht Nikki Bischoff wieder auf! Einfach so! Vor einer Nacht verschwand sie spurlos aus Broich. Ist heute die Nacht der Wiederkehrenden? Will noch jemand von den Toten auferstehen? Doch irgendetwas stimmt mit Nikki nicht. Sie weicht aus, verstrickt sich in einer Lügengeschichte und bricht schließlich leblos zusammen. Sie war eine perfekte Doppelgängerin! Entsetzt vereinbaren Sin und ich ein Codewort, das uns gegenseitig schützt. Gabriel und Astarte finden heraus, dass sie mit Zyankali vergiftet wurde und tatsächlich Nikkis Zwillingsschwester war, Rebecca Bischoff. Wie kommt sie an den Hof? Ihre Leiche schafft der Grieche in unseren Wagen, fast geschwisterlich werden die Toten der Nacht mit den Hardebergern aufgeteilt.
Ein letzter Toter steht jedoch noch auf der Liste: Lyra fällt über Raphael her und der fleißige, aber beschränkte Grieche erschießt ihn auf dem Parkplatz. Dagegen! Er mag zwar nicht der einfachste Gesprächspartner gewesen sein, doch das hat er nicht verdient. Bei näherer Betrachtung... hat in letzter Zeit irgendjemand am Hofe wirklich den Tod verdient? Nairu... Saskia schießt mir durch den Kopf, gefolgt von Krieg, der bestraft wurde und schließlich die Toten des heutigen Abends. Das die Leichenberge hinterher zumeist anfangen weiterzuleben erspart uns eine Menge neugierige Polizisten, schätze ich.
Shirley beendet den Abend und Sin dreht mit mir eine letzte Verabschiedungsrunde. Ein durchweg spannender Abend, an dem mich Sin - der Göttin sei Dank - vor schnöder Politik größtenteils gerettet hat. Entspannt schlendere ich mit meinen Lieben in die Nacht.
"Kein Berg zu hoch, kein Meer zu tief
kein Weg zu weit, um ihn gemeinsam zu gehen
Kein Ziel zu fern, kein Weg betrübt
kein Herz zu schwach um zueinander zu stehen"
(Schandmaul) |