Chroniken » Chroniken XI. - Die Zeit des Schnitters: Berichte und Erlebnisse vom Hof der Nacht im Jahre 2014 |
2014.11.08 - Ser y volverse: Es war einmal |
13.11.2014 - 14:32 |
Leise schloß sie die Tür hinter sich.
Alleine stand sie nun im Raum, den Blick auf dem Tisch geheftet, auf dem der Körper lag. Zugedeckt und gesäubert hätte man fast meinen können, dass die junge Frau nur schliefe. Der Schnitt an der Kehle wurde durch ein Halstuch perfekt verdeckt. Wenn man es nicht wußte, hätte man nicht sehen können, woran sie gestorben war.
"Wie Schneewittchen!" schoss es ihr durch den Kopf, "Doch der Prinz kann sie nicht mehr retten!"
Langsam ging sie zu dem Körper, sacht strich sie ihr eine Strähne aus kalten, starren Gesicht, als sie bei dem leblosen Körper angekommen war. "Es tut mir leid! Ich habe nicht damit gerechnet, dass sie es tun würde. Ich war überzeugt, das er es selbst tun wollte."
Warum entschuldigte sie sich bei der jungen Frau, sie konnte sie hier eh nicht hören und das wußte sie.
War es mehr ein Zusammenfassen der Gedanken oder der Testlauf, wenn sie es ihm sagen musste?
Sie wollte es nicht, sie wollte nicht zusehen, wie sein Herz brach, wollte nicht daran erinnert werden, wie es sich anfühlte. Sie wollte am liebsten weglaufen, sich verstecken, wollte ihm nicht den Schmerz zufügen, wollte nicht mitfühlen, wollte es nicht noch einmal durchleben.
All das hatte sie schon dazu gebracht, den ganzen Abend um ihr Leben zu feilschen. Sie mochte die junge Frau noch nicht mal, traute ihr nicht. Dennoch. Er liebte sie, wäre für sie gestorben. Und scheinbar blieb es nicht unerwidert. Die halbe Nacht diskutiert, gebettelt, sich selbst entblößt, nur um ihnen einen Funken Hoffnung zu geben. Sie hatte es fast geschafft, mit dem entsprechenden Angebot, was ihr Haus gemacht hatte. Doch dann, völlig aus dem Nichts heraus, vorbei!
Blut, aufgeschnittene Kehle, Genickbruch!
Es hätte doch nicht so weit kommen müssen. Vor allem von ihr. Was hatte sie davon, sie war doch noch nicht mal seine Erwählte, oder? Egal, das hatte sie auch mit dem Leben bezahlt. Der ganze Tumult, was war überhaupt noch alles passiert? Sie wußte es nicht.
Als das Knacken der brechenden Knochen in ihr Bewußtsein drang, wußte sie nur noch eins.
"Ich bring sie hier weg!" kein klarer Gedanke mehr, nur noch Autopilot, bis jetzt.
Die Hand der Vampirin ruhte immer noch an der Wange des Leichnams, das Gesicht gesenkt. Sie lauschte, lauschte auf die Schritte, die seine Rückkehr verkündeten, lauschte auf das Signal, das sie zu ihm gehen mußte. Als sie es vernahm, hob sie den Kopf, und ging ohne einen Blick zurück zur Tür.
Neben dem schwarzen Haar schimmerte ein Tropfen auf dem schneeweißen Laken blutrot. |
Saskia |
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