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Die Geburt - Mara erzählt... |
05.03.2005 - 19:19 |
Du fragtest nach meiner Kindheit und lange bat ich die Geister darum, sie mir erneut vor Augen zu führen.
Sie haben sich einsichtig gezeigt und nun hebt sich eine Welle aus dem schwarzen Meer meiner Erinnerungen.
In einer stürmischen Nacht trommelte jemand gegen die Wand unseres Wagens.
Ich schreckte hoch und hörte meine Mutter leise sprechen. Dann kam sie an mein Lager und bat mich, ihr zu folgen.
Wir liefen lange durch den Regen. Der Sturm zerrte an meinen Kleidern, kaum konnte ich dem schnellen Schritt meiner Mutter folgen und stetig trieb sie mich zur Eile.
Ich hörte die Schreie schon bevor ich die Hütte sah. Auf einem Strohlager fanden wir Marlinka, die sich vor Schmerzen krümmte.
Ich war zu Tode erschrocken, doch meine Mutter herrschte mich an, ich solle zum Bach gehen und der Frau frisches Wasser bringen.
Als ich die Hütte erneut betrat, hatte meine Mutter ihre Tasche ausgepackt, Kerzen entzündet und verbrannte Rosmarin und Thymian. Sie fächelte den duftenden Rauch zum Lager der Gebärenden.
Ich gab Marlinka etwas Wasser und kühlte ihre Stirn. Ihr Nachthemd klebte an ihr und Mutter sprach beschwörend auf sie ein.
Plötzlich kam sie auf mich zu, um mir zu erklären, das Kind habe sich vermutlich im Körper verfangen und könne daher nicht aus eigener Kraft auf die Welt kommen. Marlinka sei schon sehr schwach und das Kind werde sterben, wie die Mutter, wenn ich es nicht befreien könnte.
Voll Erstaunen griff ich nach dem Kind und fühlte, dass es sich tatsächlich verfangen hatte. Nach mehrmaligem Versuchen löste es sich. Meine Mutter brachte es schließlich auf die Welt und legte es in Marlinkas Arme.
Der Regen trommelte auf das Dach der Hütte und ich bemerkte, wie erschöpft ich war.
Als ich wieder erwachte, saß Mutter bei Marlinka. Die kleine Sinuba schlief und war nicht viel größer als mein Arm.
Ich erinnere mich, Marlinka nach dem Fremden gefragt zu haben, der uns in der Nacht zu ihr geführt hatte. Sie sah mich müde an und lächelte ein wenig. Mutter gebot mir streng, Marlinka in Ruhe zu lassen und sie nicht auszufragen.
Später lernte ich, dass immer auch ein Mann dazu gebraucht wird, um ein Kind auf die Welt holen zu können.
Ich danke den Geistern für diese Erinnerung. Einmal mehr macht sie mir deutlich, dass ich den Weg des Lebens nicht völlig vergessen habe. |
Mara |
gedruckt am Heute, 04:46 |
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