Chroniken » Chroniken IV. - Die Zeit des Aeons: Bericht und Erlebnisse vom Hof der Nacht im Jahre 2007
2007.03.31 - VII. Akt: Derrière les Images: Ein morgendlicher Blick in den Spiegel.
02.04.2007 - 15:53

Die letzte Bastion ist gefallen...der „Nullpunkt“ überschritten...der intensive Blick in den Spiegel offenbart manchmal die Nacktheit des Seins.

Völlig harmlos fing es an, schleichend, wie Gift, gelöst in harmlosen Fragen, einer in Unschuld gekleideten Aushilfsbotin. Welch köstliche Ironie! Der Narr hatte, ohne es zu wissen, sein Spiel getrieben, er würde sich sehr über diese Begebenheit amüsieren.

Ja, Sylphide hatte sie gefragt und sie hatte, ohne zu zögern, klare Antwort gegeben.

Nein! Sollte diesen Narren etwas passieren, waren sie selber Schuld!

Nein! Sie würde kein schlechtes Gewissen haben!

Ja, sie hatte genug getan, um diese Toren zu warnen!

Sicher, vor einiger Zeit, hätte sie die betreffenden Personen immer wieder angefleht, doch auf sich selbst acht zu geben, den blöden Hut endlich abzusetzen.

Aber diese Zeiten waren vorbei...

Jetzt erinnerte sie sich an die Worte des Verrückten, der sich für einen Engel hielt: „Hochmut ist eine der Todsünden... sie werden ihre Strafe dafür bekommen... früher oder später... seid gewiss!“

Ja, das würden sie gewiss!

Ja! Gewarnt hatte sie sie... alle, nur nie sich selbst.

In der Morgensonne betrachtet war wieder einmal eine grandiose Lüge zu bewundern. Sie sagte sich das sie sich irgendwann, wenn das Mitleid und ihre soziale Verantwortung für Fremde gänzlich ausgelöscht wären, dem ewigen Leid übergeben würde. Ein abschreckendes Beispiel. Sie würde jedem erklären, wie groß die Qual des Hungers, der Versuchung wirklich war.

Ja, sie würde sich selber die Bürde des Fegefeuers auferlegen!

Letztendlich ist es so, das Gift entfaltet seine ganze Wirkung. So sah sie heute Morgen in den Spiegel und erkannte sich endlich. Erkannte endlich das sie starb, ein ganz besonderes Gift pulsierte in ihrem Organismus, nicht seit gestern, seit Jahren wütete es in ihren Gedanken, Gefühlen! Und letzten endes würde es sie töten und wieder auferstehen lassen, als vollwertiges Mitglied des Hofes.

Eine einzelne Träne ran ihr übers Gesicht.

Trauer, um ein verlorenes Leben...
Trauer, um vergessene Träume...
Trauer, um hunderte verlorener Seelen...
Trauer, um ein Luftschloß, dass abgestürzt war...

Doch Trauer vergeht, die Entschlossenheit aber, kommt mit der Erkenntnis.


lyra


gedruckt am Heute, 14:47
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