Chroniken » Chroniken IV. - Die Zeit des Aeons: Bericht und Erlebnisse vom Hof der Nacht im Jahre 2007
2007.05.26 - Das Geschenk aus Fernost: Die Beobachtung eines Gastes
29.05.2007 - 22:53

Der Gast hörte eine leise Frauenstimme aus dem hinteren Kaminzimmer, ungehört von jenen, die der Eröffnungsrede der Gastgeberin im Festsaal lauschten.

Offenbar waren alle abgelenkt, kaum jemand schien wahrzunehmen, was dort vor sich ging.

Hatten sie es nicht gesehen?

Hatten sie es nicht erkannt?

Hatten sie es nicht verstanden?

Nein, die die es hätten wissen müssen, ja sehen müssen, jene hatten ihre Augen verschlossen oder waren durch eigene Eitelkeit geblendet.

Doch nicht der Gast, er ahnte die wahre Bedeutung dieser Nacht. Seine Aufmerksamkeit war geweckt.

Der Gast trat näher, um zu sehen was in diesem Zimmer vor sich ging, während die Stimme rau und dunkel seltsame Worte in der Heimatsprache ihrer Trägerin sprach.


I, servant of the highest King,
Call to thee great Mother,
Foreseer of future, reminder of past,
Truth- unveiler, bearer of black skin,
Third eye of wisdom

I, servant of the highest King,
Dance with thee on the cremation grounds,
Summoning your power, touching your heart
O great Mother! Free us from this from this curse,
Enlighten us with your mighty hand’s touch;
Wash away darkness with the power of sword and blood




So sprach die junge Frau und noch mehr, während ihre Hände über Symbole strichen, die vor ihr auf dem Boden lagen.

In düsterem schwarz waren Mond, Auge, Kelch und weitere Dinge in einem Pentagramm innerhalb eines Kreises zu sehen, doch als ihre zitternden Finger darüber fuhren, färbten sie sich rot - blutrot.

Etwas stimmte nicht, spürte der Gast, irgendwas lief falsch, doch die junge Frau achtete nicht darauf. Als sie eine kleine, dunkle Relief-Figur einer vielarmigen, weiblichen Gestalt, die schon durch soviele Hände am Hofe gegangen war, in die Mitte des Kreises legte, zuckte die Frau plötzlich zusammen.

Hastig zog sie ihre Hand zurück, als hätte sie sich verbrannt. Sie sah auf, doch erblickten ihre erschrocken geweiteten Augen den Gast nicht.

Sie schaute in weite Ferne, als würde sie für einen langen, scheinbar ewig währenden Moment nicht länger das Zimmer um sie herum wahrnehmen, sondern etwas ganz anderes...


Luna


gedruckt am Heute, 19:21
http://www.theater-der-vampire.de/include.php?path=content/content.php&contentid=768