Chroniken » Chroniken VI. - Die Zeit der Toten: Berichte und Erlebnisse vom Hof der Nacht im Jahre 2009
2009.01.17 - Vergehen: Philippes Testament, beigefügter Text
19.01.2009 - 03:03

Es ist vollbracht…so lauten die letzten Worte des Herrn am Kreuze. Nun, wo ihr mein Testament in Händen haltet bin ich nicht länger unter Euch. Der himmlische Herr hat mich zu sich gerufen.

Mein Tod sollte Euch meine lieben Angehörigen und Freunde ein Anlass zum Nachdenken sein und viel mehr als das. Bei jemandem, den wir gut gekannt, geschätzt, gerne gehabt haben, dessen Lebenslauf wir kennen mit allen Höhen und Tiefen, die dazu gehören, ist sein Tod für uns eine Herausforderung, ein Schmerz, Grund zur Dankbarkeit, eine Botschaft, auch Anlass für eine innige Bitte an Gott.

Ich war ein Seelsorger. Gott hat seinen Sohn in die Welt gesandt. Und er ist gekommen, nicht um sie zu richten, sondern zu retten (vgl. Joh 3,16-17).

Weil ich das den Menschen sagen wollte, habe ich die Klosterschule besucht und bin Priester geworden. Aus dem gleichen Motiv habe ich mich Jungen und Alten zugewendet, mit Vorliebe auch solchen, die nicht besonders nahe bei der Kirche waren. Deshalb sprach ich möglichst verständlich, freundlich, oft auch originell, damit sie mir zuhörten.

Ich war den Menschen zugewandt, was mir manche Kritik einbrachte, aber auch Türen öffnete. Ich habe vielen helfen können, zu denen gewöhnlich kein Priester Zugang hat. Sobald ich die Möglichkeit dazu hatte, ging ich gerne auf den Spuren Gottes auf Erden: Ich liebte das Heilige Land und lehrte andere es lieben.

Ich hatte ein feines Sensorium für die Nöte der Menschen in Israel, in Palästina, im Osten und auch am Hofe der Nacht. Ich spürte das Verlangen, das friedliche Miteinander zwischen Mensch und Vampir zu fördern; ich versuchte, auf deren Probleme aufmerksam zu machen und Verständnis für sie zu wecken.

Durch meine sehr menschenfreundliche, auch innerkirchlich nie polarisierende und doch auf das Wesentliche ausgerichtete Art habe ich viele bei der Behebung schwieriger Situationen und Bedürfnisse zum Mittun gewinnen können. Hervorzuheben sind da zweifelsohne meine Freunde im Haus und bei Hofe, die mich gerade auch in den letzten schweren Stunden meines Lebens mit großer Treue begleitet und besonders gestützt haben.

Man kann sagen: Ich bin in Frieden heimgegangen, mit Hoffnung und Zuversicht im Herzen. Bewusst habe ich folgende Worte für mein Grab gewählt. Da ist vom "Festmahl" die Rede, das der Herr für alle Völker bereitet, auch davon, dass der Herr die Tränen abwischt von jedem Gesicht. Wörtlich heißt es: "Auf ihn haben wir unsere Hoffnung gesetzt, er wird uns retten. Das ist der Herr, auf ihn setzen wir die Hoffnung. Wir wollen jubeln und uns freuen über seine rettende Tat."

Das scheint mir die Botschaft, die sich mit den letzten Jahren und mit meinem Tod verbindet. Es ist die Hoffnung auf die rettende Hand des Herrn. Das war es, was ich allen im Laufe meiner Existenz zu sagen versuchte.

Betet für mich: Gott danken für alles, was ihr durch mich an Gutem empfangen habt, und Gott bitten, er möge mir gnädig sein, mir, der vielen gegenüber barmherzig gewesen ist. Die Fürsprache Maria Magdalenas, die im Besonderen immer als die Mutter meines Hauses betrachtet worden ist, möge mir und euch beistehen.

Philippe


Johannes


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