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2009.11.14 - Dies Irae: Umgang mit der eigenen Wirklichkeit |
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Dieser …Duft. Meine Güte, was war das nur.
Meine zunächst neugierigen Schritte auf diese seltsame Veranstaltung wurden sofort gebremst. Natürlich betrat ich in diesem Moment eine neue Welt, doch woher sollte man so etwas ahnen.
Irritiert blickte ich auf die Schale und den Wasserkrug. Ebenso irritiert verfolgte mein Augenmerk die Gestalt, welche mir die Reinigung der Hände anbot. War der geklaut oder entführt? Er passte so gänzlich nicht in dieses Bild hier rein. Um jener unangenehmen Situation ein Ende zu bereiten, wusch ich meine Hände. Ein paar Schritte verfolgte ich, ob sich irgendwas in mir regte. Nein... nichts. Gut! Das Wasser war wohl – Wasser.
Der umherschweifende Blick hing sich immer wieder an verschiedenen Personen, Gestalten fest. Die Gedanken holperten hin und her, und versuchten ein klares, verständliches Bild zu kreieren. Es war nicht gerade einfach, doch in Angesicht dieser seltsamen Kombination der verschiedenen Gäste, konnte es sich letztendlich nur um eines handeln: Eine Karnevalsfeier. Na wundervoll! Ich, der absolut prädestinierte Karnevalsgänger. Ich sollte vielleicht doch besser gehen. Auf jene kommende Stunde hatte ich dann doch keine Lust mehr.
Zögernd holte ich die Einladung nochmals heraus, und starrte auf die Schriftzüge des doch sehr charismatischen Schriftbildes des Verfassers. Vampire. So stand es darin. Vielleicht ein schlechter Scherz von einem Fan meines Buches. Doch ein Blick zu dem Gastgeber, der geklaute Wasser-Dienstbote hatte ihn mir offenbart, verriet, dass dies kein Fan sein konnte. Ich hoffte es zumindest. Sein Anblick schnürte mir doch ein wenig die Kehle zu. Zumal ich selbst niemals so anmaßend wäre, das ein begeisterter Fan solche Mühen auf sich nähme. Absolut albern. Nun gut, wo war der Ausgang?
Unglücklicherweise hatten sich mittlerweile einige Gäste schon vor mich gestellt, und bildeten zunächst eine unüberwindbare Barriere zum Ausgang. Und noch eine andere Barriere schob sich mir ungeahnt vor die Nase. Meine unerträgliche Neugierde. Nun gut, vielleicht konnte dieser Abend unter all den illustren Karnevals-Anhängern ein wenig Stoff für mein nächstes Buch liefern. Ich blieb.
Und selbst jetzt, wo ich all diese Gedanken niederschreibe und anschließend auch verbrennen werde, bereue ich es nicht. Torheit oder Vernunft? Ich weiß es noch nicht.
Einen Moment lang beobachtete ich die seltsamen Reihen der Anwesenden. Erstaunlich, wie sehr sie sich mit ihrem Karnevalskostüm identifizieren konnten. Die Ansprache des Gastgebers entrang mir erst ein zartes Schmunzeln. Auch er schien überzeugt von seiner heutigen Rolle eines Vampirs. Ich rang mit der Entscheidung, ob es peinlich war oder faszinierend.
Und schon kam der erste Gast auf mich zu, welcher sich als Gabriel vorstellte. Er kannte meinen Namen, und Hoffnung keimte auf, dass er mich wohl eingeladen hatte. Noch nie habe ich solch ein ehrliches Lächeln gesehen, als diese Hoffnung bitter zerstört wurde. Er fragte mich, wie ich jenen Weg hier her gefunden hatte. Ich winkte meiner Hoffnung ratlos hinterher. Jedoch schien er es äußerst faszinierend zu finden, das ich geladen war und versprach mir auch noch, das dieser Abend wohl sehr interessant für mich werden sollte.
Ich wurde einer Frau namens Camilla vorgestellt. Bezauberndes und faszinierendes Auftreten, in geschmeidigen Bewegungen und einem seltsamen Funkeln in den Augen. Jene Worte kann ich kaum noch mehr rekonstruieren. Ich weiß noch, dass ich einmal zu viel das Wort Karneval in den Mund genommen hatte, bevor Camilla mich mit fauchendem Lächeln (ja, dies geht sehr wohl) fragte, ob dies wirklich bei ihrem Lächeln Karneval sei. Mich funkelten spitze Fangzähne an. Ich schüttelte nur wortlos den Kopf, den Gedanken wohlweislich für mich behaltend, das es auch sehr gute Zahntechniker gab. Sehr gute, denn sie sahen zu echt aus. Sie entließ mich mit den Worten einfach nur mit offenen Augen diesen Abend zu genießen, um zu verstehen.
Ein dankbares Lächeln, wenn auch etwas unsicher und ich ging auf den rettenden leeren Tisch zu.
In Ordnung, Fräulein Lilly. Setzen sie sich erst einmal und denken Sie einmal scharf nach. Doch soweit kam es gar nicht. Ein junges und bezauberndes Gesicht hüpfte vor meine Nase und setzte sich, bester Laune, neben mich. Endlich! Ein wenig gewohnte Realität entpuppte sich durch den Namen Lillith, welche interessiert war mein nächstes Buch unter den Vertrag zu nehmen.
Noch während diesem, mehr geschäftlichen Gespräch, nahmen dann die Ereignisse an diesem Abend ihren Lauf. Sie schienen förmlich aus den verschiedensten Ecken zu sprudeln, explodierten teilweise aus den Anwesenden heraus und überschwammen den doch so reichlich geschmückten Festraum, sogar mit Knochen auf den Tischen. Bitte? Da lagen Knochen auf den Tischen? Für Halloween ein wenig zu spät. Doch egal, meine Nachforschungen diesbezüglich, wurde von dem Gefauche zweier Gäste gestört.
Eine Frau und ebenso ein halbnackter Mann umrangen sich wie zwei wütende Raubtiere, selbst das Bild der Fangzähne passte perfekt dazu. Natürlich, das Motto jener Veranstaltung war ja Vampire. Eine neue Theorie ergriff mich: Es handelt sich hier um ein Theaterstück, in dem man selbst eine Statisten Rolle übernahm. Interessantes Konzept. Ich blickte zu Camilla, und diese Theorie kam ins Schwanken. Ihre Augen waren zu ernst, zu... ehrlich.
Verdammt, schoss es mir durch meinen verwirrten Geist. Diese Präsenz der Anwesenden wollte mir doch nicht wirklich glaubhaft machen, dass es tatsächlich Vampire gab. Lächerlich!
Jener frevelhafte, ja ich gebe es mittlerweile zu, Gedanke wurde jäh im Verlauf des Abends zerschmettert. Mit ungnädiger Hand wurde mir mein Unglaube vom Leib gerissen, und vollkommen geistig entblößt stand ich vor der Realität der Vampire.
Auch wenn ich tatsächlich an diesem Abend hinter den Schleier geblickt habe, so kam es mir dennoch vor, als hätte dieser mich stets durch den Abend begleitet. Eingehüllt wie ein Umhang, dessen Kapuze tief mir in das Gesicht ragte. Seelisch taumelnd wankte ich von einer blutrünstigen Szene zur anderen. Sah Opferungen zu, ebenso das blutige Ende eines verirrten Gary Glitters. Der Arme.
Selbst der wache helle Moment des Schmerzes, als sich Zähne, spitz und scharf, in meinen eigenen Hals vergruben, peinlicherweise auch noch vom Gastgeber selbst, wollte mir diese Erkenntnis nicht schenken. Auch wenn der Anblick meines eigenen Blutes mir die Wahrheit förmlich ins Gesicht schmiss. Krank dachte, ich. Einfach nur krank. Lillith gab sich Mühe, mir endlich den Verstand einzubläuen, es zu akzeptieren. Ich gab mich geschlagen.
Der Gestank nach frischem Blut wollte diesen Abend die Halle des Festes nicht verlassen. Immer wieder kämpfte ich mit der Übelkeit, mit dem Anblick des Grauen, der sich mir da unverhohlen zeigte. Aber war es wirklich so grauenvoll, nur weil es Vampire waren? Morde, brutaler und perverser Art, repräsentieren sich jeden Tag in den Nachrichten. Also solle mich dies nicht wirklich abschrecken. Und die Vampire hatten ihren Nutzen davon. Grausam? Nein, notwendig.
Doch eine andere Art der Übelkeit beschäftigte mich nach meinem geistigen Erwachen und „Herzlichen Willkommen“ in der neuen Realität. Eine unfassbare Entdeckung, deren schicksalhafte Dosis mich vehement zu Boden zwang. Ich kam mit dieser neuen Welt sehr gut zurecht. Ich wusste die Antworten, ehe ich die Fragen stellen konnte. Ich wusste um deren Funktion, ich kannte die einzelnen Räder die jene Welt funktionieren ließ. Sie war mir alles andere als fremd. Hinter dem Schleier war mir alles vertraut. Mein veröffentlichtes Buch beschrieb sie.
Jene Erkenntnis ließ mich den restlichen Abend das Hirn zermartern. Immer wieder tauchte nur ein und dieselbe Frage auf: Wie konnte das sein? Wie konnte ich von dieser Welt wissen, noch bevor ich hinter den Schleier blicken durfte? Mir drückte es immer mehr die Kehle zu, ließ mich innerlich zusammen kauern.
Selbst jetzt weiß ich, dass ich keine Antwort darauf habe. Und wahrscheinlich auch nie finden werde. Aber ich habe mich entschieden, der Wahrheit ins Gesicht zu blicken, ohne diese jedoch zu verraten. Auch wenn jener Umstand, das dieses seltsame Phänomen nicht nur Unklarheit hinterlässt, sondern auch ein großes, ernst zu nehmendes Problem darstellt. Seine Worte verfolgen mich bedrohlich jeden freien Moment meiner Gedanken und beeinflussen mein Handeln.
Ich hoffe auf Lillith, und sehne mich nach ihrem warmen Händedruck, der mich durch diesen Abend gefühlsmäßig wie eine Stütze begleitet hat. |
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Datum: |
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17.11.2009 |
Autor: |
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Eresh´Kigal |
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Induziert durch einen magischen Trick, perpetuiert durch Täuschung, perfektioniert mit dem trügerischen Versprechen von Schutz...
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