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2009.11.14 - Dies Irae: Krakelei auf knittrigem Papier |
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Hier sitze ich nun, irgendwo im Nirgendwo in seinem gepanzerten Wagen, und der Regen prasselt unablässig gegen die Windschutzscheibe. Eine lange Fahrt liegt hinter mir und über Kilometer hinweg habe ich das Gaspedal mit all meiner Wut und Traurigkeit bestraft. Jetzt spüre ich die Müdigkeit in allen Gliedern und ich weiß, es wäre dumm jetzt weiterzufahren. Und obwohl ich große Lust hätte, jetzt etwas Dummes anzustellen darf ich es nicht – denn immerhin habe ich versprochen, zurückzukommen. Jetzt bin ich dankbar für den Kuli und den Block den mir der junge Mann an der Tankstelle überlassen hat: Wenn ich meine eigenen Worte lesen kann, dann fühle ich mich nicht mehr ganz so einsam. Schmerzlich wird mir bewusst, dass ich zum ersten Mal seit diesem bedeutungsschweren Septemberabend vollkommen allein bin und das ist einerseits befreiend und andererseits furchtbar. Aber in was für einer Gesellschaft hab ich mich nur befunden in den letzten Wochen? Ich befürchte, begriffen habe ich das erst heute Abend.
Dabei fing alles so gut an. Der wild aussehende Gastgeber des Abends, Asphyx, vor dem ich so eindringlich gewarnt worden war, schien mir zwar wild und gefährlich, aber auch verantwortungsbewusst und sogar irgendwie sympathisch. Entgegen aller Befürchtungen schien meine Erscheinung die älteren Vampire auch mehr zu belustigen als zu verärgern. Wie hätte ich sie auch verärgern können, wo ich mich doch – einem verängstigten Kind gleich – hinter Sin zu verstecken suchte?
Umso mehr beeindruckt hat mich Juna – ein Mädchen in ungefähr meinem Alter welches, genau wie ich, vollkommen fehl am Platz schien. Doch anstatt sich von den mächtigen Auren um uns herum einschüchtern zu lassen blieb sie sie selbst und amüsierte sich allem Anschein nach prächtig. Bis... bis zu dem Augenblick zu dem alle Anwesenden die Feierlichkeiten schon fast am Ende wähnten – als das große und gewaltige Spektakel, dessen Sinn ich noch immer nicht ganz begriffen hatte, schon vorüber war. In diesem Moment nämlich erklärte Asphyx fast feierlich, dass sein Schutz als Gastgeber für Juna aufgehoben sei. Und ehe ich noch ganz verstand, was das heißen solle, stürzten sich Sylphide und Callisto auf sie. Wie hungrige Tiere zerfleischten sie das unschuldige Ding, das doch nichts getan hatte außer auf bewundernswerte Weise anders zu sein. Und was tat ich? Mit weit aufgerissenen Augen dasitzen, vor Angst gelähmt und mit Fassungslosigkeit geschlagen. Während ich noch wie wahnsinnig zu Junas leblosem Körper blickte, redeten bereits Sin und Astarte auf mich ein, doch ihre Worte erreichten mich kaum. Warum sollte ich auch zuhören? Es waren doch nur leere Phrasen, die die Monstrosität des soeben passierten nicht um ein Mindestes verschleierten. Und so saß ich da, innerlich brodelnd in meinem Zwiespalt zwischen Wut und Zuneigung, die ich in den letzten Wochen für Sin und seine Familie entwickelt hatte.
Doch als Sylphide und Callisto voller Verachtung über den Tod der Ermordeten spotteten, wurde es mir zuviel. Wie hätte ich tun können als ob nichts wäre während sich Callisto freudestrahlend neben uns niederließ? Also stürmte ich los, unfähig einen klaren Gedanken zu fassen. Und dann kam Callisto – wutschnaubend und mit zornesfunkelnden Augen – und sie –ausgerechnet sie, die gerade noch ihr wahres Gesicht gezeigt hatte – machte mir Vorwürfe. Doch bevor eine von uns ihren Zorn loswerden konnte ging Sin dazwischen... drückte mir mit schmerzerfülltem Gesichtsausdruck seine Autoschlüssel in die Hände und schien so gut zu verstehen, wie ich mich fühlen musste. Für einen kurzen Augenblick wollte ich nichts, als in seine Arme fallen. Doch dann holte die Wirklichkeit mich ein, zog mich nach draußen. Nur weg von diesen Leuten, diesen großen Gefühlen zwischen Liebe und Hass.
Wo ich hinsollte, wusste ich nicht. Doch als ich vorhin in der Tankstelle auf die Karte gesehen habe, habe ich festgestellt, dass mich der Weg fast von allein in Richtung Norden geführt hatte. Nach Norden zum Meer, dass ich so liebe und das meine Gedanken schon als Kind beruhigt hatte. Dort will ich hin und ein wenig meine Einsamkeit auskosten.
Gerade habe ich die rätselhafte Visitenkarte wieder gefunden, die man mir heute Abend gegeben hat. Erst jetzt wird mir bewusst, wie sehr der Text darauf zu mir und meiner derzeitigen Verfassung passt. „Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir wünschst für diese Welt“, steht darauf geschrieben, auf der Rückseite ein Wappen mit den Worten „Vigilia pretium Libertatis“ - Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit. Was das wohl zu bedeuten hat? Ob irgendjemand genau wie ich gerade diese unsinnigen Strukturen von Macht und Tod hinterfragt? Wenn ich doch nur wüsste, von wem dieses schicksalsträchtige Papier stammt. |
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Datum: |
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22.11.2009 |
Autor: |
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Kassandra |
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Meine Gedanken zu ordnen gelten diese Zeilen.
Wem könnte ich auch von dem Erlebten berichten?
Khaan hat mich gezeichnet - für diese eine schicksalsträchtige Nacht. Eine Nacht, in der sich - s...
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