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2006.03.28 - Die Nacht des Erwachens |
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Die Flammen der Kerzen warfen ihre Schatten in den Raum und flackerten kurz, als sie vorbei ging.
In dem dunklen, schlichen Raum fiel sie beinahe gar nicht auf.. wäre da nicht die alabasterfarbene Haut gewesen, die im starken Kontrast zu den schwarzen Schatten des Raumes und der schwarzen Kleidung, die sie trug, stand.
Der einfache Holzstuhl wurde zurückgeschoben und sie ließ sich nieder. Sacht hob sie den Kopf und blickte in den Spiegel, der mit einem schwarzen, aufwändig verziertem Rahmen an der Wand hing. Er war einer der wenigen Gegenstände, die das schlichte und dunkle Zimmer zierten.
Ein paar Strähnen fielen ihr ins Gesicht, dunkle Strähnen auf weißer Haut...
Vorsichtig strich sie die Strähne zurück und ließ die Hand wieder sinken, stützte den Ellbogen auf den Tisch.
Bei all dem hielt sie den Blick in den Augen ihres Spiegelbildes. Schweigend sah sie tief in sie, als wenn sie nach etwas suchen würde. Wieder fiel eine schwarze Strähne sacht vor ihr Gesicht. Sie ließ sie unbeachtet.
Zu sehr war sie in den Blick vertieft.
Der Schlaf war lang gewesen.. vielleicht zu lang? Wer konnte das schon sagen. Hatte sie überhaupt seit jener Nacht mit Anderen gesprochen? Sacht schüttelte sie den Kopf. Bis auf ihr eigenes Haus hatte sie niemanden gesehen. Niemanden gesprochen. Eine kurze Erinnerung trat in ihr Gedächtnis. Vlavius. Mit ihm hatte sie geredet, bei ihm übertagt. Ihn davon überzeugt, dass sie wirklich sie war. Hatte sie doch? Oder war es nur einer der quälend langen Träume gewesen, die sie seit jener Nacht heimgesucht hatten? Hatte sie überhaupt geträumt oder waren es nicht vielmehr Wünsche, die sich in ihrer Seele spiegelten und durch ihre Augen reflektiert wurden?
Ärgerlich fauchte sie ihr Spiegelbild an. Warum klagen? Sie hatte erreicht, was sie wollte: Sie war Vampirin. Ein langes Leben stand ihr bevor. Warum konnte sie nicht einfach genießen? Warum konnte sie nicht einfach wie die anderen ihres Hauses damit umgehen? War es wirklich wegen der Erziehung im Haus Lucius? War es wegen den stundenlangen Gesprächen mit Isidor? Der nächtlichen Nähe von Vlavius? Der Bekanntschaft mit Richard, ja sogar mit Isabell, als diese noch sterblich war? Oder war es einfach nur die Spiegelscherbe in ihr selbst, die sie zu solchen Gedanken antrieb, zu solchen Handlungen und zu solcher.... Einsamkeit!?
Wut stieg in ihr auf und sie hob die Faust, begleitet von dem schwarzen Stoff ihres Ärmels, der sich wie ein Rabenflügel unter ihrem Arm ausbreitete. Mit einem wütenden Aufschrei schlug sie die Faust in den Spiegel. Das hohe Klirren des zerbrechenden Spiegel zerriss den Raum, gefolgt von dem leiseren Aufkommen auf dem Boden, wo die Scherben noch einmal zerbarsten.
"Es wird eine Zeit kommen, junge Dame, in der Ihr Euch nicht mehr kennen werdet. Und in dieser Zeit werdet Ihr erkennen, wo Euer Platz ist."
Die Stimme von Mercurius drang an ihr Ohr, rezitierte seine Worte an ihrem allerersten Abend innerhalb der Gesellschaft des Hofes der Nacht, der Abend an dem sich auch die Gesellschaft zum ersten Mal wieder zusammengefunden hatte.
Damals hatte sie über den Narren die Augenbrauen hochgezogen und gelacht.
Jetzt spürte sie die Bedeutung dieser Worte.
Langsam ließ sie die Faust sinken und starrte auf das, was von dem Spiegel übrig geblieben war. Spinnennetzartig zog sich das Muster von der Mitte des Spiegels nach außen, hier und da fehlten ein paar Scherben. Ihr Bild wurde seltsam verzerrt.
Und in diesem Anblick erkannte sie, dass sie dieser Spiegel war.
Es war Zeit.
Zeit, den Spiegel wieder zusammenzusetzen.
Sie erhob sich und ging raschen Schrittes aus dem Raum hinaus.
Das Krächzen eines sterbenden Raben begleitete ihren Weg. |
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Datum: |
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28.03.2006 |
Autor: |
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Chantal |
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„Ich hatte Dich gewarnt. Sicher kann man dem Schicksal manchmal ein Schnippchen schlagen, aber man kann das Schicksal nicht betrügen, Calliope“, die Vampirin blickte traurig auf, ihr Blick sucht...
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