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2007.09.25 - Ode an Sophie |
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Die Spätsommernacht war sternenklar und nicht kalt. Doch hier unten, zwischen den klammen Mauern der alten Ruine, roch es nach feuchter Erde und modrigem Holz und dem Talg der Kerzen, die der Vampir auf den drei Kandelabern entzündet hatte und die ihr gelbes Licht sanft auf die Sockel und Kanten der uralten Steine legten und dunkle Schatten zwischen ihnen gebaren. In der einen Hand hielt er ein kleines, sprödes Tongefäß, in welchem er einen aus dunklem Holz gefertigten Pinsel hin und her rührte, so dass dessen Metallschaft in feinem Rhythmus gegen die Kante der Tonschale klackerte. Mit staubigen Schritten wandte er sich seiner Staffelei zu, welche er mitten im von Sternen bedeckten Gemäuer aufgestellt und mit einer Leinwand bestückt hatte, die, eingerahmt von zweien der Kerzenständer, geduldig ihrer Entweihung entgegenblickte.
Nahe des dritten Kandelabers, in einem Winkel, ertönte leis ein Geräusch. Fast zu schwach für ein menschliches Ohr. Und auch der Vampir vernahm es nicht. Denn er war zu konzentriert. Das Geräusch schwoll an zu einem müden Stöhnen. Doch dann verebbte es wieder mit einigen schweren Atemstößen.
Auf einem jener pseudo-professionellen Castingshows war der Vampir auf sie aufmerksam geworden. Ein Glanzstreif in der Nacht, mit rubinrotem Haar, das wallend über ihre Schulter gefallen war. Ein Sternchen für einen Abend. Eine Ode an die Natur UND...ein Wesen, wie es Sophie von Kühn kaum ähnlicher hätte sein können. Das alles waren Gedanken, die den Vampir angetrieben hatten. Doch nun stand er vor dem nackten Zellstoff und tauchte seinen Pinsel ein letztes Mal in das dunkelrote Nass.
Zuerst entstand eine vage Vorstellung ihres wunderhübschen Gesichts, inmitten ihrer wehenden, flammengleichen Haare. Es war unglaublich wichtig, dass die Haare wie Flammen aussahen. Es wäre so real, wie es damals unwahrscheinlich gewesen war. Das Kleid, er stellte das Gefäß beiseite und bediente sich einer weiteren Tonschale, in welcher er das dunkle Blau vorgemischt hatte, welches er immer beim Malen ihrer Bilder benutzt hatte. Es sollte trotz der flammenden Haare ein frohes Bild werden. Denn so hatte er sie in Erinnerung behalten. Doch so sehr er sich auch bemühte, es überzeugte ihn kein Pinselstrich. Und statt Liebe war es nun Frustration, die in antrieb fortzufahren. Er begann – ohne es zu merken – schnellere Pinselstriche zu setzen und dann war ihm das Bild mit einem Mal zu hell... und zu freundlich! Er wandte sich ab und blickte hinüber zu dem Winkel, aus welchem zuvor das Geräusch erklungen war. Im Schein der Kerzen regte sich ihr Körper träge und ihrer wirklichen Kontrolle beraubt auf dem wurmzerfressenen Sarg. Ihre Augen blickten in die sternenschwangere Nacht. Er hatte ihr ein Mittel gegeben. Sie fühlte sich zufrieden und geliebt. Und was noch wichtiger war: Sie spürte nicht den Schmerz, den der Vampir ihr durch das gelegentliches Entnehmen ungeronnenen Blutes zufügte.
Jedoch das Bild musste noch an Leibhaftigkeit gewinnen! Und der Vampir nahm ein weiteres Gefäß zur Hand, diesmal eines mit Deckel und einem schwarzgrauen Pulver. Er dachte an die Nacht, als er vom Hadestanz heimwärts stieß - während er die Asche mit dem Blut zu einem beinahe Schwarz vermengte - und an den Sessel, in welchem Sophie ein Buch gelesen hatte, unmittelbar bevor sie zu Rauch aufgestiegen war. Er blickte hinab. Auf der tiefschwarzen Oberfläche seiner Farbe konnte er ein Spiegelbild erahnen, das ihn an Trauer und Ohnmacht erinnerte. Und für einen Augenblick lang war der Ort erfüllt von Stille. Und plötzlich bemerkte der Vampir, dass er atmete. Wie damals, als er noch ein Mensch war. Und er lies es zu. Ebenso wie die Trauer und den Zorn, der nun in ihm keimte. Und er beobachtete den Pinsel in der Hand des Vampirs, den er gerade zu kontrollieren aufgegeben hatte, wie er Hieb für Hieb Farbe auf die Leinwand auftrug. Und er spürte die ekstatische Wut, die ihn durchfloss. Flammen! Er brauchte mehr Flammen!
Er lies sie mit einer solch gewaltigen Brunst Sophies zarte Gestalt umschlängeln, dass sich ihr Haar zum Himmel empor hob, wo sich die Sonne gerade von der Erde verabschiedete. Nichts in dieser Szenerie würde solch ein Feuer überstehen! Und so sollte es auch sein. Völlig verausgabt und benommen tauchte der Vampir schließlich seine Finger in die Farbe und vollendete mit sanften Streichen ihr Gesicht. Er hatte für dieses Bild alles gegeben. All sein Leid, all seinen Zorn, all seine Liebe, um sie in diesem einen Werk zu vereinen. Mehr... mehr konnte er nicht aufbringen. Das wars. Mochten andere über gut und schlecht entscheiden. Die Sonne würde bald die Erde begrüßen.
Der Vampir lud das Bild und die Kandelaber in seinen Wagen und kehrte mit einem großen Plastikkanister zurück, dessen Inhalt er sorgsam über dem wurmzerfressenen Sarg und der ausgebluteten Leiche ausleerte.
Nur ein gellender Schein strahlte aus der Ruine in den morgendlichen Himmel, als er das Gelände mit dem Pkw verließ. Nichts in dieser Szenerie würde solch ein Feuer überstehen! Und so sollte es auch sein.
(Argus - Aus dem Leben eines Toten) |
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Datum: |
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25.09.2007 |
Autor: |
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Argus |
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Während unbestritten feststeht, das der Ordo Sanguinus einst existiert hat, ist aber das, was sich hinter den Kulissen des Ordens abgespielt haben soll von Legenden und Lügen umrankt. Immer wieder t...
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