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Hallo Freunde des Theaters der Vampire,
im Folgenden will ich einige erläuternde Anmerkungen zum Buch der Welt machen, um beispielhaft zu verdeutlichen, wie das offene TdV-Gesellschaftssystem gedacht ist.
Dieser Text wird sicher noch erweitert werden, Ihr könnt auch gerne dazu Fragen stellen. Demnächst gibt es auch einen allgemeinen Workshop zu diesem Thema.
- Was sind Häuser?
Häuser sind per Definition autarke, in sich geschlossene, durch das mystische Element "Blut" miteinander verbundene gesellschaftliche Einheiten.
Sie sind Familien, ähnlich Adelsfamilien - aber Familien, in die man "aufgenommen" werden kann (Bluteid) - vielleicht vage vergleichbar mit "einheiraten" und aus denen man aber auch verstossen werden kann.
Der Grad der familiären Bindung ist sehr stark abhängig vom jeweiligen Haus und kann total unterschiedlich sein - genauso wie es im OFF mit Familienbanden ist.
Mehr über Häuser im Buch der Welt an dieser Stelle: http://www.theater-der-vampire.de/site_article_31.html
- Was bedeutet "relative" Realität in Bezug auf Häuser?
Ein entscheidenes Wesensmerkmal des TdV ist seine offene, im rollenspieltheoretischen Fachjargon "relative", Realität.
Rollenspielphilosophen unterschieden u.a. "absolute" und "relative" Hintergrundwelten.
Offen bedeutet, das das eigene Haus selbst definiert, wie es aufgebaut ist und welchen Blickwinkel es auf das Ganze einnimmt. Und Offen bedeutet, das dieser Blickwinkel für das eigene Haus der "Richtige" ist, ohne das im OFF durch eine Instanz gesagt wird, dieser Weg ist die "absolute" Wahrheit.
Beispiel: Haus X sagt, das sein Ursprung darin liegt, das ein Alchimist einen Unsterblichkeitstrank gebraut hat (der Hausgründer), der gründlich misslungen ist. Haus Y sagt, das der Ursprung der Vampire in der Verschmelzung eines Dämons mit einer ägyptischen Königin liegt. Haus Z sagt, das der Ursprung der Vampire in einem Fluch liegt.
Aus ihrem jeweiligen Blickwinkel haben alle Recht - es gibt keine offizielle (von der Regie veröffentlichte) "höhere" Wahrheit.
- Wie ist der Bezug eines Hauses zum Hof der Nacht?
Der Hof der Nacht ist sowohl ein konkretes Treffen wie auch ein abstraktes Konzept. Man könnte vereinfacht sagen, das der Hof der Nacht genau "da" ist, wo ein Vampir oder eine Familie beschliesst, andere einzuladen und eben "Hof" zu halten.
Die Vampire sprechen auch allgemein vom "Hof der Nacht" wenn sie die Gesellschaft und ihre Beziehungen untereinander beschreiben wollen, etwas euphemistisch.
- Welches Verhältnis haben die Häuser untereinander?
Grundsätzlich ist dies eine komplexe und sehr dynamische Sache, da sie nicht von vornherein festgelegt, sondern weitgehend dem freien Spiel überlassen ist. Wie das funktioniert?
Um den Umgang und das Verhältnis der Häuser zu veranschaulichen kann man Häuser mit mittelalterlichen Königreichen, Fürstentümer oder Kleinstaaten vergleichen (z.B. wie es bei manchen Strategiespielen ist, also keine historische Exaktheit, nur eine grobe Analogie!!!).
Nehmen wir an Häuser stehen für solche Königreiche, was häufig ja auch gleichbedeutet mir Adelsgeschlechter war. Nehmen wir weiter an, das ein Ältester eine Hauses beim TdV ein bißchen wie ein König eines solchen Reiches ist.
Innerhalb seines Reiches bestimmt der König und seine Familie die "Gesetze", die für dieses Reich und seine Untertanen gelten.
Wenn also ein solches Königreich einen Empfang bei sich am Hofe gibt, und die anderen Könige mit ihrem Hofstaat zu Besuch kommen, unterwerfen sie sich den Regeln ("Hofprotokoll") des jeweiligen Gastgeberlandes.
Um mal ein Beispiel zu geben (ganz willkürlich!):
F = Frankreich = Lucius
E = England = Asmodeus
D = Dänemark = Abbadon
I = Italien = Magnus
Wenn nun König F zu König E sagt, ich erkenne Dich nicht mehr als König an (oder als Ältesten), so hat das für König E, seine Untertanen, sein Land usw. an sich keinerlei Auswirkungen.
Wenn dann König E zu Gast bei F wäre, würde er vielleicht nicht mehr an der Königstafel sitzen dürfen, weil der König F ihn für einen nichtswürdigen Burschen hält.
Aber deshalb ist König E immer noch König, für sein Land und für seine Nachbarn D oder I oder alle anderen. Und jedes Land kann für sich entscheiden, wie es damit umgeht.
Genauso hat jedes Land seine eigenen Gesetze - die haben einen gemeinsamen Nenner (das grundlegende Feudalsystem, mit Stammbäumen z.B. ist überall gleich) aber König E mag eine Facette anders sehen als König F.
- Was bedeutet das in der Konsequenz?
In Königreich E gelten die Gesetze von E. In Königreich F die von F.
Wenn man so will und das ist das Entscheidende, gibt es vielleicht große und kleine Königreiche, aber es gibt keine Institution darüber.
- Wie funktionieren die Gebote der Nacht?
Andererseits gibt es einen elementaren "moralischen Imperativ", den die meisten lokalen Vampire als logisch befolgen, manche mehr, manche weniger. Dieser "moralische Imperativ" ist eine Mischung aus Etikette und Ãœberlieferung.
Das TdV ist zunächst aus dem Blickwinkel der lokalen Häuser hier im Ruhrtal konzipiert worden und da diese eine gewisse gemeinsame Vergangenheit haben und relativ nah bei einander sind, weisen die Ansichten über "Richtig" oder "Falsch" starke Ähnlichkeiten auf.
Um zum Beispiel zurückzukehren:
Wenn ein Ritter aus dem Lande F bei Hofe Prinzessin S mit dem Schwert erschlägt, so wird das als Mord gebrandmarkt. Egal ob man sich am Hofe des Landes F, I oder E befindet.
Wenn König F stirbt, wird sein ältester Sohn der neue König, auch das ist in den meisten Ländern so und anerkannt (oder die Linie geht über die Frauen, aber auch das ist anerkannt).
Man darf nur mit einem einzigen Partner gleichzeitig verheiratet sein, das ist in F, I, E und praktisch überall so - Teil des "moralischen Imperativs" (in dem Fall aus dem Christentum entsprungen).
Um nur zwei Beispiele für moralische Imperative beim TdV zu geben:
- Königsspiel und Hadestanz dienen als anerkannte Mittel der Konfliktlösung.
- Geprägte zu Töten ist verwerflich und skandalös (weil es eine wertvolle Ressource zerstört)
Ein mögliche Variante dieser "Moralvorstellungen" sind beim TdV auch die Gebote der Nacht.
Wichtig ist, das sie keine absolute Rechtsordnung einer höheren Instanz repräsentieren, sondern individuelle Überlieferungen und Traditionen, die von Vampir zu Vampir weitergegeben wurden. Ihr Ursprung ist in den Nebeln der Vergangenheit verschwunden.
Man kann die Gebote von ihrer Einordnung her grob mit den 10 Geboten der Bibel vergleichen. Die 10 Gebote der Bibel definieren den "Moralcodex" der Königreiche grundlegend ("Du sollst nicht töten.." - daher "Mord" (siehe oben) überall im Allgemeinen verwerflich) - wobei es individuelle Facetten und Spielarten zuhauf gibt (ist ja ein offenes System!).
Wenn man die bisherigen Ausführungen ingesamt betrachtet, wird man feststellen, das ein Haus für sich ohne weiteres erklären kann, das die Gebote für seine Angehörigen bindende Regeln sind.
Genauso kann ein Vampir oder ein Haus die Gebote in einer eigenen Interpretation niederlegen (und ihn "Codex" oder so nennen) und als "seine" Gesetze betrachten.
Es ist auch absolut möglich, das ein Vampir niemals von den Geboten in ihrer BdW-Version expresis verbis gehört hat.
In der Regel werden nur stark strukturierte Häuser feste Regeln für sich haben - und das ist beim TdV eher die Ausnahme. Ein Beispiel wäre Haus Lucius.
In sehr vielen Häusern ist der Älteste so eine Art "Familienoberhaupt" und seine "Vorstellungen" sind die ungeschriebenen Gepflogenheiten der Familie, sprich Brauchtum. So könnte man sich das zum Beispiel bei Haus Nekhrun vorstellen.
In einigen Häusern wird es soetwas wie eigene "Regeln" auch überhaupt nicht geben, gerade die kleineren Häuser sind zu individuell dafür. Beispiele: Haus Magnus oder Rabenstein.
Noch ein Beispiel: Die Vampire des Hauses Khaan haben ganz eigene Traditionen, die sich in einigen Punkten gravierend unterschieden - weil sein Ursprung ein völlig anderer ist, als der der lokalen Vampire.
Das wäre in etwas so, wie eine Gesandtschaft eines "westlichen" Königreichs F zu einer Gesandtschaft eines z.B. arabischen Reiches mit orientalischer Kultur stünde, wenn beide aufeinandertreffen.
- Wie stehen die Gebote der Nacht beispielsweise zu den Traditionen der Camarilla?
Das TdV kennt keine Camarilla, keine übergeordnete Macht, die Recht spricht und durchsetzt. Daher sind die Gebote auch etwas völlig anderes, als die Traditionen.
Auch hier eine Analogie: Die Gebote der Nacht verhalten sich zu den Traditionen der Camarilla ungefähr wie die 10 biblischen Gebote zum Bürgerlichen Gesetzbuch der Bundesrepublik.
Kein Rechtsanwalt würde vor einem Gericht auf die Einhaltung eines biblischen Gebotes klagen.
to be continued....
Liebe Grüße,
Mirko
Der Beitrag wurde 10 mal editiert, zuletzt von Mercurius am 21.10.2005 - 08:18.
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