2012.06.16 - Die fetten Jahre sind vorbei: Ein Sturm zieht auf |
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Sie stand am Fenster und starrte hinaus, nur dünnes Glas zwischen sich und dem Toben des nächtlichen Sommergewitters. Der Wind trieb die Wolken wie verängstigte Schafe vor sich her, während die Baumwipfel sich seinem wütenden Heulen neigten, um nicht zu brechen.
Irgendwo schlug ein hölzerner Fensterladen, der sich losgerissen hatte, gegen die starken Mauern.
Immer häufiger hatten die Schatten in den vergangenen Monaten an die Tore geklopft, lauter, drängender, drohender war ihr Brüllen geworden, unstillbar ihre Gier, sich dieser Welt zu bemächtigen, sie zu verschlingen.
Wie lange könnten sie – könnte er – sie noch zurückdrängen, bis sie sich Bahn brechen würden? Die Welt würde brennen und die meisten dieser Narren am Hofe ahnten nichts.
Ein ewiger kräftezehrender Kampf, unentschieden bisher, stets balancierend auf des Messers Schneide, über Jahrhunderte von zahllosen Generationen geführt und doch hatten scheinbar einige Angehörige des Hofes – sterblicher wie unsterblicher Natur – nichts Besseres im Sinn als mit wahnwitzigen Ideen an jenen Mauern zu kratzen, die sie beschützten.
Zorn loderte in ihren Augen, sie ballte die Hand zur Faust. Es wäre leicht gewesen, nachzugeben, nur eine Nacht der Schwäche und das Dunkel wäre nicht mehr aufzuhalten gewesen. In diesem Moment war sie froh, dass sie beide durch ihr Wort gebunden waren.
Pernox vigilamus, quod nunquam dormiunt legiones inimici.
Pernox vigilamus, quo vel nocte specula non moritur.
Pernox vigilamus, quod nunquam officium exitum habet. |
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Datum: |
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10.07.2012 |
Autor: |
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Michelle |
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