2004.01.15 - Prolog IV.: Camillas Bericht der Ereignisse |
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Als die Zeremonie vorbei war, entschloss ich mich, noch einen Versuch zu machen und Monsieur Mc Callum anzusprechen, aber er liess es nicht wirklich zu, mit einem Male schien er mich abgrundtief zu hassen, obwohl ich ihm nichts getan hatte.
Ich entschuldigte mich, nahm meinen Mantel und lief hinaus in die sternenklare Nacht, wieder einmal hatte ich alles falsch gemacht!
Plötzlich hörte ich Monsieur Mc Callums wütende Stimme hinter mir: „ Sie sind mir noch eine Antwort schuldig!“ Ich drehte mich herum und sagte: „Die habe ich euch bereits gegeben!“ „Du bist also eine von denen?!“ „Ich ... ich weiss nicht, was ihr meint, warum dieser plötzliche Hass auf mich, ich habe nichts getan!“ „Meine Familie... IHR habt sie getötet, IHR seid Schuld an allem!“ Ich wusste bei Gott nicht, wovon er sprach, ich kannte weder ihn noch seine Familie, ich war nicht Schuld an seinem Unglück, weshalb hasste er mich plötzlich so? Seine Gedanken gingen zu schnell, als dass ich sie hätte lesen können. „Und was wollt ihr jetzt tun?“ fragte ich ihn. „Ich werde dich töten!“. Mit diesen Worten packte er grob meine Kehle und drückte zu, ich jedoch rührte mich nicht. Nach einigen Minuten gab er auf und stiess mich angewidert zurück. „Verdammt, du kannst wirklich nicht sterben!“ „Ja, ich kann nicht sterben, ich bin ein unwissendes Kind, gefangen in diesem Körper.“ „ Wie kann man EUCH töten?!“ fragte er mich in schroffem Ton. „Denkt doch einmal nach!“ „Sonnenlicht! Natürlich, Sonnenlicht!“ „Gut erraten, Monsieur! Ihr habt also tatsächlich vor mich zu töten?“ „Ja! Dich und am liebsten diese ganze Gesellschaft da oben!“ „Aber weshalb? Ich habe euch nichts getan und ich habe es auch nicht vor. Woher dieser plötzliche Hass?“ Ich bekam die Antwort, die ich erwartet hatte, dass solche, wie ich nicht natürlich seien und allein deshalb schon den Tod verdienten, worauf ich entgegnete, dass ich NICHT so sei wie SIE, ich könne durchaus Gut von Böse unterscheiden, ich könne Gefühle empfinden. „Ich werde Dich töten!“ „Gut! Wenn ihr das getan habt, Monsieur, dann sagt meinem Geliebten Gabriel, der übrigens sterblich ist wie ihr, dass es mich nicht mehr gibt!“ Ich sah ihn trotzig und traurig zugleich an, dann drehte er sich um und lief wieder in das Gebäude, während ich draussen allein im Vorhof des Schlosses blieb.
Ratlos sah ich hinauf zu den Sternen und fühlte mich schrecklich einsam, so dass ich beschloss, zurück in den Festsaal zu kehren und dort so viel von dem roten Wein zu trinken, bis es mir gleichgültig war, was Monsieur Mc Callum gesagt oder getan hatte. Zu meiner grossen Überraschung war auch Monsieur Nekhrun mittlerweile eingetroffen, sodass ich neben dem Wein auch einen angenehmen Gesprächspartner vorfand.
Doch ich sollte nicht lange Freude an dem Gespräch haben, denn plötzlich stolperte jemand sehr laut und unbeholfen die Treppe herauf, die vom Schlosseingang hinauf in den Festsaal führte. Ich erkannte, dass es Falk war, der schwer verletzt versuchte, sich in den Saal zu retten. Er war durch einen Dolch mehrfach gestochen und brach blutüberströmt am Ende der Treppe zusammen, den Dolch in seinen Händen. Sofort stürmte ich auf ihn zu und konnte gar nicht glauben, was geschehen war! Ich versuchte verzweifelt, ihn zu wecken, wohlwissend, dass es sinnlos war, dennoch wusste ich nicht, was ich tun sollte, ich war machtlos, zu schnell wich das Leben aus seinen Adern. „Falk! Was ist mit Dir? Wach auf! Bitte, wach doch auf!!!“ flehte ich, während ich über seinem leblosen Körper kniete und versuchte, ihn wach zu rütteln. „Er ist tot!“ hörte ich eine Männerstimme hinter mir sagen und konnte es nicht glauben, jemand hatte ihn kaltblütig ermordet, wieso? Er hatte niemandem etwas getan, es war nicht recht und ich bereute, dass ich ihn oft so abfällig behandelt hatte.
Dann konnte ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten, ich beugte mich über seinen toten Körper und weinte, bis mich jemand sanft aufhob, damit Falk auf dem Altar aufgebahrt werden konnte. Als ich sah, wie vier Männer ihn wegtrugen, stiess unweigerlich Wut in mir hoch und ich schrie so laut ich konnte in die Menge der Anwesenden: „ Wer von euch war das? WER VON EUCH IST DAS GEWESEN?! “
Entsprechend meinen Erwartungen sahen mich alle schweigend an, einige erschrocken über meine überschäumende Wut, andere teilnahmlos und wieder andere betreten, eine Antwort erhielt ich jedoch nicht. Jemand versuchte, mich zu beruhigen, ein anderer suchte den Dolch, der ganz plötzlich verschwunden war und ich lief in der ganzen Unordnung den vier Männern hinterher, die Falk auf dem Altar aufbahrten. Die Dame Aurelia fragte mich höflich, ob ich wünschte, dass Gebete für Falk gesprochen werden sollten, und ich antwortete ihr mit tränenerstickter Stimme, dass ich nicht wusste, ob er christlichen Glaubens gewesen sei, aber dass es sicher nicht falsch sei. Immer noch rannen mir die Tränen wie ein Sturzbach, meine Umwelt nahm ich nicht mehr wahr, es war mir gleichgültig, dass die Gäste mich weinend und völlig aufgelöst sahen, obgleich ich eben noch voller Stolz und hochmütig erscheinen musste. Ich kniete vor dem Altar und legte meinen Kopf auf Falks Brust und bat ihn inniglich um Verzeihung, weil ich immer so schlecht und schroff zu ihm war und es tat mir wirklich von Herzen Leid. Neben mir erschien Herr von Oppenheim und machte sich lustig über mich, so erschien es mir jedenfalls, da er keinerlei Verständnis für meine Trauer zeigte, ich herrschte ihn an, dass er verschwinden solle! Auch einige Mitglieder des Hauses Samaria baten ihn höflich, aber bestimmt, zu gehen, jedoch nahm er sich nichts davon an, sondern provozierte mich weiterhin. Mit Tränen im Gesicht und all meinem Stolz sagte ich zu ihm:“ Monsieur von Oppenheim, eines werdet ihr mit Sicherheit niemals lernen, nämlich was wahre Gefühle sind!“ „Da habt ihr wohl recht!“ sagte er nur knapp in einem mehr als angewidertem Tonfall. Ebenso angewidert wandte er sich abrupt von mir und dem Altar ab und ging.
Ich weiss nicht, wie lange ich bei Falk verweilte, aber als ich mich wieder etwas gefasst hatte, fragte ich verstört nach, ob man schon etwas über den Dolch oder den Mörder wisse, aber dem war nicht so.
Ich lief umher und versuchte, etwas herauszufinden, aber es gelang mir nicht, was mich noch wütender und trauriger machte, nun besass ich schon SOLCHE Macht, und es gelang mir nicht einmal, Falks Mörder aufzuspüren. Der besagte Dolch fand sich plötzlich in Falks Händen wieder, Monsieur Bocanegra vom Hause Khaan hatte ihn als Grabbeigabe gedacht, und so gab ich meine Suche auf, ich hatte auch nicht mehr die Kraft, weiter zu denken. Ich verfügte, dass Falks Leichnahm nach New Orleans verbracht werden solle, damit er in der Nähe von Darleen war und sie in seiner Nähe. Zum Schluss dieses traurigen Abends begab es sich, dass Monsieur Mc Callum nun doch noch mit mir sprechen wollte, er schien wohl beeindruckt, dass ich tatsächlich EMPFINDEN konnte, dass ich keine eiskalte Mörderin war und dass ich ehrlich zu ihm war, was mein Dasein betraf, er hatte mir Unrecht getan, vielleicht wollte er es wieder gut machen, ich war verwirrt und hatte keinen rechten Gedanken mehr für ihn frei und so verabredeten wir uns für einen Abend in den folgenden Wochen.
Ach mein Herz, muss denn wirklich jeder Abend, an dem ich zugegen bin, auf eine tragische Weise enden?
Ein Mensch, der MICH töten will und ein anderer, der gestorben ist...
Vielleicht meint es das Schicksal doch nicht so gut mit mir, wie ich anfangs dachte.
Ich vermisse Dich und ich würde am liebsten wieder fortgehen von hier, aber ich habe ja Gabriel und dafür sollte ich mehr als dankbar sein...
In Liebe,
Dein Dunkler Engel,
Camilla |
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Datum: |
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01.02.2005 |
Autor: |
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Alex |
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