2005.02.26 - Passion der 7: Tschesars Tagebuch |
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Tagebucheintrag von Tschesar, Großmeister des Hauses Samaria, vom 04.03.2005
In der gestrigen Nacht ritt ich über die Felder unserer Ländereien. Weit hatte ich mich von dem Gutshof entfernt, den wir zur Zeit unseren Stift nennen. Ich sah Landschaften, schneebedeckt und unberührt. Nebel stieg durch die Kälte auf und lagerte sich dicht über dem Boden.
Das Land schien mir dadurch nur noch schöner, entrückter, unirdischer. Ja unirdisch, das ist das richtige Wort dafür.
Dann sah ich wie der Himmel heller wurde und der Schnee und der Nebel in einem reinen Weiß erstrahlten. Dies war so wundervoll, dass ich blutige tränen weinte. Ich kam mir klein und unbedeutend vor und der Makel meiner Seele wurde mir erneut bewusst und drängte sich dunkel und bedrohlich in mein Bewusstsein.
Am liebsten wäre ich stehen geblieben, am liebsten hätte ich mich meinem Schöpfer gestellt und meine Strafe empfangen.
Aber etwas trieb mich an, etwas ließ mich meinem Pferd die Sporen geben und ich ritt so schnell mein Pferd mich trug zurück. Gerade rechtzeitig erreichte ich den Gutshof, gerade rechtzeitig, den heißen Blick Gottes schon hinter mir spürend, gerade rechtzeitig, die tiefe Müdigkeit des Todes schon spürend trat ich die den Flur, der mich zu meinen Gemächern führen würde. Da sah ich gerade noch Aurelia in ihren Gemächern verschwinden. Und die strahlende Erinnerung, an die Schönheit des Sonnenaufgangs über der unberührten Schneelandschaft, verblasste zu einem fahlen Schimmer. Da erkannte ich was mich angetrieben hatte, was mich gezwungen hatte nicht dem Sonnenaufgang zu begegnen. Aurelia. Ihre Schönheit, ihre Reinheit, ihr Glaube, die Abwesenheit jeglicher Sünde in ihrer nähe, ihre Grazie, das Lied ihrer Stimme, die Klarheit ihrer Gedanken. Aurelia, die seit 1479 meine Priorin war, seit 1479 der einzige Funken Licht in meiner ewigen Nacht, seit 1479 meine einzige Liebe.
Als ich am heutigen Abend erwachte ging ich eilig in die Kapelle um Aurelia zu treffen, die wie jeden Abend in demütigem Gebet vor dem Altar kniete. Ich bat um Vergebung wie ich es seit Ewigkeiten jeden Abend tat, ohne je erhört zu werden.
Als Aurelia ihr Gebet beendete trat ich auf Sie zu und bat sie mir die Beichte abzunehmen.
Dieser verdammte Ball, die Passion der 7, noch eine Woche danach fühle ich mich schmutzig und unrein. Den Hochmut wollte Isidor zur Königin der Sünden erwählen und damit tut er Recht, denn ihr Hochmut war es der auch mich erfasste und in dieses Sündenbabel hinunterzog.
Der Ball, die Passion der 7, die PASSION der 7 Todsünden, die Passion des Wegschauens.
Trauer, Trauer und Mitleid für all die armen Seelen, die sich der Sünde ergeben haben und Mitgefühl für all die armen Menschen, die unter diesen Seelen Leiden müssen, sind die einzigen Empfindungen, die mich erfassen, wenn ich an den Ball denke. Tiefe Trauer ergreift mein Herz, wenn ich mir vor Augen führe, was für ein Monster die Zeit aus meinem alten Freund Isidor gemacht hat.
Dieser Ball begann wirklich angenehm, auch es mich bedrückt, dass Aurelia solche Anlässe nur als gesellschaftliche Pflicht ansehen kann, aber selbst die Damen von Haus Nekhrun waren fast sittlich bekleidet. Obwohl es sehr schade war, dass ich kaum eines der unbekannten Gesichter näher kennen lernen durfte, ist es so vielleicht besser gewesen, da mich sonst ihre Sünden nur noch tiefer in die Abgründe gezogen hätten.
Als erstaunlich empfand ich die Reaktion eines Erwählten des Hauses Nekhrun, dessen Leben wir retten konnten, nachdem beinahe sein ganzes Blut von einem Vampir aus ihm gesaugt worden war. Diese Monstren widern mich an. Sie tragen ihre Ränkespiele auf dem Rücken ihrer Erwählten aus, sie sehen Geprägte nur als „wertvolle Ressource“!, diese Bestien sind den staub nicht wert, den sie mit ihren Stiefeln berühren.
Und doch habe ich gelobt sie zu erretten, sie auf den rechten Weg zurückzuführen, ihnen das Licht zu zeigen, dass am Ende dieser ewigen Nacht auf uns alle wartet.
Am meisten schockierte mich allerdings die Erwählte von Isidor, die sich schwer verwundet durch den gesamten Saal zu ihm schleppen musste. Und noch es sollte noch schlimmer kommen, wie väterlich Isidor sie zu sich rief und in die Arme nahm, nur um sie dann wie ein Raubtier zu beißen und ihr den letzten Funken Leben aus dem Leib zu reißen.
Dies konnte ich nicht zu lassen, aber ich war wie gelähmt. Erst die Stimme eines Engels in meinem Ohr gab mir die Kraft mich zu bewegen und ich schenkte der armen Frau ihr Leben und sie glitt bewusstlos zu Boden. Ich wünschte ich hätte mehr für sie tun können, ihr die Erinnerung an diese Schmerzen nehmen können, den Frieden ihrer Seele wieder herstellen können, sie aus den Klauen dieser Monster befreien können, doch der Ort an den sie gebracht wurde lag außerhalb meiner Reichweite. Mir bleibt nichts anderes übrig, als für ihre Seele zu beten und jeden Tag aufs neue, für meine Unfähigkeit sie zu retten, um Vergebung zu bitten. |
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Datum: |
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04.03.2005 |
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Tschesar |
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