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2009.03.21 - Present Perfect: Sierras Testament |
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Letzter Wille und Testament
Lieber Hof der Nacht. Wenn das hier verlesen wird, bin ich tot. Nicht, dass dies viel bedeutet; aber der Hof ist in den letzten Jahren so etwas wie mein zweites Zuhause geworden. Unter diesen ganzen Gestalten habe ich mich nicht ganz so nutzlos gefühlt. Vieles von dem, was Ihr jetzt hört, klingt vielleicht etwas sentimental. Aber es sind nun mal meine letzten Worte. Es ist also genau der richtige Zeitpunkt, um sentimental zu werden.
Nachdem ich aus den Vereinigten Staaten zurück war, wollte ich nichts mehr von Vampiren wissen. Jede Nacht bin ich schweißgebadet aufgewacht. Schlafen konnte ich erst wieder nachdem ich ein halbe Flasche Gin geleert hatte.
Jemand hat einmal gesagt, alles im Leben hätte seinen Preis. Das war wohl der Preis, den ich für die Wahrheit zahlen musste. Ich frage mich, ob man die Wahrheit überhaupt wissen muss. Oder ist „sich wohl fühlen“ nicht die reine Wahrheit. Ich weiß es nicht. Das mit der Weisheit war nie so mein Ding. Dass sie mit dem Alter kommt, stimmt wohl auch nur dann, wenn man vorher nicht demenzkrank wird.
Was ich weiß ist, dass die verlorenen Seelen, die sich den „Hof der Nacht“ nennen, eigentlich die jämmerlichsten Geschöpfe auf Gottes Erden sind. Man fragt sich, was er sich dabei gedacht hat, als er die Vampire auf die Menschheit los lies.
Ich glaube, Vampire existieren, um uns Menschen zu zeigen, was aus uns werden kann, wenn wir nicht aufpassen.
Diesen Satz hat jetzt vermutlich niemand verstanden. Es spielt auch keine Rolle, denn die Menschen sind unter dem Joch ihrer untoten Herren glücklich und bilden sich ein, davon zu profitieren.
Wer jetzt glaubt, ich habe diesen meinen letzten Willen nur geschrieben, um die „ehrenwerten“ Mitglieder dieser „erlauchten“ Gesellschaft zu beleidigen, der irrt. Nicht alle waren mir völlig gleichgültig. Einige habe ich gehasst, einige auch wirklich gemocht.
Meine liebe Hausälteste, Michelle, zum Beispiel. Michelle, ich habe Dich geliebt, auch wenn das nicht so aussah. Ich wollte in das Haus Samaria, weil es mir die meisten Freiheiten bot. So sagte ich damals. Allerdings gab es auch noch einen anderen Grund, Du tatest mir leid. Mir war klar, dass Du da in etwas hineingezogen wurdest, was Du nicht erahnen konntest. Es war erschreckend mit anzusehen, wie Du Dich von einer liebevollen Frau zu einer Eisprinzessin entwickelt hast. Ich schätze, das passiert mit Menschen, wenn sie die Sonne nicht mehr sehen können. Ich hoffe, dass Du Dir wenigstens einen kleinen Teil Menschlichkeit erhältst. Deshalb habe ich eine Kleinigkeit zum Abschied für Dich. Ich hoffe, Du vergisst niemals woher Du kommst.
Lothringus, ich weiß, ich hätte Dir mehr Wertschätzung entgegenbringen müssen. Du hast es immer gut mit mir gemeint. Irgendwie bist Du der Ehrlichste des ganzen Haufens. Erhalte Dir Deine beschützende Art. Aber wenn ich Dir einen Rat geben darf. Bitte erwarte von anderen nicht mehr zu sein, als sie sind. So weit ich informiert bin, liest Du viel. Ich habe daher ein Buch für Dich. Vielleicht verstehst Du mich und meine Art zu leben dann.
Und wenn Du mal wieder in der Hölle bist, kannst Du gerne auf einen Sprung vorbeikommen.
Lars, mein Freund. Du wirst mir am meisten fehlen. Du warst wie das gute Gewissen, das ich verlor. Du musst aufpassen, dass Deine Gutmütigkeit, die ich bewundere, Dir nicht zum Verhängnis wird. Da Du alles an Glück brauchst, was Du kriegen kannst, erhältst Du „Lady Luck“ von mir. Bis jetzt hat sie mir immer Glück gebracht.
Callisto, zwar habe ich Dich nie gänzlich von meiner Position überzeugen können, aber im Grunde waren wir uns sehr ähnlich. Du warst wie eine Schwester im Geiste für mich. Wir waren nur auf zwei unterschiedlichen Seiten. Falls Du aber doch einmal die Schnauze von Deiner Familie voll haben solltest, habe ich noch ein Geschenk für Dich. Nennen wir es den Schlüssel zum Neubeginn.
Gwyneth, auch wenn wir uns nicht wirklich gut kannten, warst Du immer eines meiner Sorgenkinder. Du bist viel zu normal für diese Gesellschaft. Auch für Dich hätte ich sehr viel aufs Spiel gesetzt. Denn ich glaube, Du kannst nicht für Dich selbst kämpfen. Vampire sind keine Alternative – glaubs mir! Daher gebe ich Dir das Werkzeug, um Dich selbst verteidigen zu können.
Mein Freund Damian, aus Dir wurde ich nie schlau. Ich glaube, das war auch immer Dein Ziel. Du willst nicht, dass man Dich einschätzen kann. Das bewundere ich. Ich wünschte, damals in New Orleans hätte ich Dich dabei gehabt – dann wäre wohl so einiges anders gelaufen. Dennoch wird irgendwann mal die Zeit kommen, wo auch Du Dich für eine Seite entscheiden musst. Um dann noch für Dich selbst sein zu können, gebe ich auch Dir einen Schlüssel zur Freiheit. |
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Datum: |
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24.03.2009 |
Autor: |
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Andre Laib |
Abrufe: |
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Die Vergangenheit lässt sich nicht leugnen, sie lässt sich nicht verdrängen, sie lässt sich nicht vergessen.
Vielleicht wenn sie allem den Rücken kehren würde, vielleicht wenn sie sich auslösc...
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