Haus Asmodeus - Das Haus der ewigen Wache
"Ihr bleibt bei meinem Worte kalt,
Euch guten Kindern lass ich's gehen.
Bedenke, der Teufel, der ist alt.
So werde alt, ihn zu versteh'n."
(Mephistopheles)
Alles besteht aus vollkommener Schwärze, so allumfassend wie man sie nur tief im Erdinneren findet.
Und doch, trotz aller Dunkelheit, beginnen sich Dinge, gewaltige Strukturen, abzuzeichnen. Es ist kein Licht, mehr Ahnung, die dem Betrachter ein Bild der Umgebung vermittelt. So, als würde ein Echo der Umgebung sich im Kopf niederlassen, als flüsterten die umgebenden Strukturen dem Geist ihre Essenz, ihr Konzept, ihre Beschaffenheit zu, nur um vom begrenzten Verstand zu der Illusion eines Bildes zusammengesetzt zu werden.
Nach einer Weile, als ob halb blinde Augen sich an trübes Licht gewöhnen würden, erscheinen titanische Säulen aus der Finsternis, die eine in der lichtlosen Dunkelheit nicht sichtbare Decke stützen. Zyklopische Statuen und die Ruinen monumentaler, sakral anmutender Bauwerke, groß genug, um ganzen Städten darin Platz zu bieten, zeichnen sich in der Schwärze ab. Auch der Boden ist nicht zu erkennen, die riesigen Säulen, welche über und über mit halb verwitterten Reliefen bedeckt sind, wachsen aus dem Nicht des Abgrundes empor. Hitze steigt hier auf, schlägt dem Betrachter ins Gesicht, hüllt ihn in den beißenden Geruch von Ruß und Asche und lässt die Finsternis flackern, als würde sie von lichtlosen Feuern stammen, die tief, tief unten wüten.
Weit unten, auf einem breiten Felssims, nimmt das Auge des Betrachters eine Bewegung wahr, ebenso wie eine schwache Lichtquelle. Dieses Licht, auch kein Licht im eigentlichen Sinne, geht von der Gestalt eines Ritters in voller Rüstung aus, der dort unten gegen eine schattenhafte, geflügelte Gestalt, noch schwärzer und dunkler als alles bisher Wahrgenommene, kämpft.
Die entfesselte Wut und Destruktivität dieser Konfrontation ist vor allem seitens des Schattenwesens unbeschreiblich. Sein riesiger dreiköpfiger Morgenstern und ein Streitkolben aus schwarzem Eisen brechen ganze Säulen aus dem Boden, reißen ganze Metallplatten aus Schild und Rüstung des Ritters.
Der Kampflärm klingt gedämpft und doch gewaltig, auch hier wieder ist es kein echter Laut, der ans Ohr dringt, vielmehr Echos der entfesselten Gewalt, vielmehr die Quintessenz zertrümmerter Steine und berstender Stahlplatten selbst, welche, nun aus ihrem Käfig aus Sinn und Zweck befreit, zu sinnloser roher Energie zerbirst und, fast wie Schall, in die Leere explodiert. Der beschränkte Geist, nicht völlig unempfänglich und doch unfähig, wahrhaft zu verstehen, gibt dieser Energie die Gestalt von Klang, aber auch von Licht.
Jedesmal, wenn eine Platte aus dem Panzer des Ritters abreißt, ist es, als verwandle sie sich während dessen in eine Struktur aus geometrischen Formen und Zeichen, die nun unter dem Schlag zu einem chaotischen Schauer aus Funken und Linien zersplittert.
Auch die Klinge des Ritters wirkt manchmal immateriell, die Funken, die aus ihr schlagen, wenn sie sich in Stein und Stahl frisst, könnten auch Glyphen sein. Über dem Kampflärm, scheinbar im Kopf des Betrachters, ja wohl möglich an einem völlig anderen, aber irgendwie mit dieser Szenerie verbundenen Ort, ist während dessen manchmal eine weibliche, bekannt klingende Stimme zu hören. Ein anderes Bild lagert sich über die Szenerie des Kampfes. Man sieht, ja sieht wahrhaftig, eine Frau mit langen schwarzen Haaren, die über dem liegenden Körper eines hageren, hoch gewachsenen Mannes kniet. Seltsame Zeichen übersäen seinen Körper, geometrische Formen, Symbole. Schlanke Finger huschen über den Leib des Mannes, verrücken Münzen und Steine auf seiner Brust, halten seine Hand, legen eine mit Votivbändern umwickelte Steinstele in die andere, ziehen neue Glyphen und wischen andere weg. Sie wirkt und waltet mit dem Eifer eines Komponisten, der vom Feuer der Muse beseelt sein Magnum Opus niederschreibt. Dabei flüstert sie leise, doch bestimmt Worte, deren Sinn sich dem Beobachter nicht erschließen.
Intuitiv erahnt dieser einen Zusammenhang, erkennt, wie das stumpfe, matte Schwert des Ritters in neu gewonnener Schärfe glitzert, wie eine matt gewordene Münze von der Schulter des liegenden Mannes genommen wird, nachdem der Panzer des Ritters an selber Stelle zerbarst.
Nun verschwindet das Bild der Frau wieder und auch der düstere Abgrund mit den beiden Kämpfenden verblasst immer mehr.
Im Kopf des Betrachters erklingt noch eine neue Stimme. Ein bedrohliches, zugleich lockendes Raunen ist es, ein geisterhafter Ruf: "De profundis clamavi ad te. Exaudi vocem meam! Fiant aures tuae intendentes in vocem deprecationis meae. Si iniquitates observabis? Quis sustinebit? Libera me!". Dahinter erklingt ein geisterhafter Chor flüsternder, heiserer Stimmen. Leiser und leiser werden sie, bis sie schließlich ganz verblassen.
Doch die Worte sind deutlich, klingen noch lange im Geist des Beobachters nach:
Dies irae dies illa,
Solvet saeclum in favilla:
Teste David cum Sybilla.
Quantus tremor est futurus,
Quando iudex est venturus,
Cuncta stricte discussurus!
Dies irae, dies illa,
calamitatis et miseriae,
dies magna et amara valde.
Und so sei davon berichtet, was sich zutrug:
Alle weiteren Informationen über dieses Haus sind nicht öffentlich zugänglich.
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