2006.09.30 - Demanda de la Sangre: Tagebucheintrag von Pia |
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Zurück zu der Woche nach der Soirée in der Villa:
Kurz entschlossen packte ich meine Klamotten eine Woche nach der Soirée und flog Devon hinterher nach Norwegen. Dort blieb ich vier Wochen, in denen ich sehr viel spazieren ging, mich der Kalligraphie widmete oder einfach nur dasaß und Devon bei der Arbeit zusah.
Diese Zeit für mich, diesen großen Abstand zu allem und jedem, was mein Leben seit Februar so sehr verändert hat, hatte ich bitternötig um mir über meine Gefühle klar zu werden. Das wurde ich. Zumindest, was AiDo angeht. Ich wusste nun, dass ich ihn tatsächlich liebe. Das erste Mal in meinem Leben, dass ich so etwas Tiefes und Inniges für eine Person empfinde.
Was Haus Nekhrun und Vicente anging? Da hatte ich nach wie vor keine Lösung gefunden, als ich nach Berlin zurückkehrte. Und nach wie vor war ich zerfressen von meinen Schuldgefühlen und Vorwürfen, ich hätte das Leid von Silja verhindern können.
Dennoch, ich kehrte rechtzeitig nach Berlin zurück, damit ich Vicente zu der Demanda de la Sangre begleiten konnte.
Und dann passierte in der ersten Nacht, die ich wieder in der Villa war, das Schreckliche! Ich hätte es vielleicht tatsächlich verhindern können, und vielleicht trifft mich tatsächlich wirklich etwas Schuld, doch inzwischen weiß ich, dass es viel mehr Vicentes Schuld als meine war, und es eben passieren musste, weil es der Lauf der Dinge ist.
Doch in dieser Nacht brach eine Welt zusammen, eine überwältigende Woge von Schuld und Schmerz überkam mich. Immer wieder sah ich das Bild vor meinen Augen, wie sie da lag, eine Fremde zwar, dennoch, vor meinen Augen grausam zu Tode gekommen, mit grausam und grotesker Körperhaltung daliegend. Tot. Für immer. Und ich hätte es verhindern können!
Ich schlief nicht, machte die ganze Nacht kein Auge zu, mir war übel und ich krümmte mich vor Schmerzen aus Kummer. In dieser Nacht starb ich Stück für Stück. Als ich mich aus dem Bett quälte, war mir klar, dass mein Leben beendet war. Ich dachte, dass ich mit dem, was passiert war, nicht existieren konnte. Egal, ob als Mensch oder als Vampir. Und mir wurde klar, dass ich nie damit existieren können würde, den Tod eines Menschen zu verschulden. Mir wurde klar, wie absurd und abartig, wie widerlich mein Wunsch war, ein Vampir sein zu wollen. An dem Tag, bevor wir zusammen nach Haus Morgenröte fuhren, kaufte ich mir die Waffe, mit der ich, sobald ich keine Verantwortung mehr tragen würde, und das letzte noch wichtige in meinem Leben erledigt hatte, mein Leben beenden wollte.
Bevor ich endlich dieses Jammertal des Schmerzes, welches sich Leben nennt, verlassen durfte, musste ich dieses Eine erledigen, was mir sehr wichtig war, trotz, dass er nach meinem Tod kaum noch Bedeutung für mich haben konnte. Ein letztes Mal noch wollte ich AiDo sehen, und ihm meine Liebe gestehen. Also begleitete ich Vicente und Devon nach Duisburg, und dann das gesamte Haus Nekhrun nach Ratingen. Meine Waffe immer dabei, immer darauf bedacht, genau zu wissen, wo sie sich gerade befindet, damit keiner auf die dumme Idee kommen könnte, sie mir wegzunehmen.
Dann begann der schicksalhafte Abend in Sins neuer Tanzschule. Calliope wies mich direkt darauf hin, wie enttäuscht alle seien, dass ich nicht, wie versprochen, Sin bei der Inneneinrichtung und Dekoration geholfen hatte. Natürlich nicht, ich musste ja diese für mich ach so wichtige Selbstfindungsreise nach Norwegen machen. Und immer wieder wurde ich von jedem daran erinnert, wie schlecht das doch von mir war, dieses Versprechen nicht zu halten. Und, egal wo ich hinsah, egal wo ich stand und mit wem ich redete, immer sah ich den Raum. Den nicht geschmückten und dekorierten Raum. Meine Schuld wurde mir permanent vor Augen geführt.
Wenn es bis dahin noch Zweifel an meinem Entschluss, meinem Leben ein Ende zu setzen, gab, jetzt waren sie dahin. |
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Datum: |
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05.10.2006 |
Autor: |
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Hathor |
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