2005.02.26 - Passion der 7: Camillas Brief |
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Louis, mein Herz, in diesem Augenblick wurden alle meine schrecklichen Erinnerungen von damals mit einem Male wieder allgegenwärtig. Starr und unfähig, zu handeln stand ich da und wandte meinen Blick von diesem armen Geschöpf ab, welches sich vor Schmerzen auf dem Boden wand. In meinen Gedanken sah ich mich und Mister Delaware, der mich... Wieder ein Schrei dieses Mädchens, ich glaube, es war der Gastgeber, der sie letztendlich tötete und von ihrem Leid erlöste, da, wo Du mich gerettet hattest.
Ich wollte bloss noch den Saal verlassen, ich hatte derlei genug gesehen und bat Monsieur Nachtsheim, der mit einer Dame in einem roten Samtkleid neben mir stand und mein Unwohlsein bemerkt hatte, mich zu begleiten. Daraufhin schrie die Dame mit dem Samtkleid ihn an und zeigte mit dem Finger auf mich: „Geh nicht mit ihr!!! Das Mädchen ist von SO EINEM WIE SIE getötet worden!!!“ Ich wusste in diesem Augenblick nicht, wie ich zu reagieren oder was ich hätte darauf antworten sollen, also schwieg ich und begab mich allein zum Ausgang des Saales. Traurig stieg ich die Treppen hoch zu einem Balkon, von den man aus den Saal überblicken konnte und nahm auf einem der Stühle Platz. Was dachte sich diese Dame eigentlich? Dass ich eine eiskalte Mörderin sei, so wie vielleicht die meisten von UNS? Ja, ich hatte überlegt, Monsieur Nachtsheim zu töten, aber zuerst wollte ich Beweise, dass er wirklich eine Gefahr für mich und andere von UNS darstellte, jedoch würde ich ihn nicht auf´s Geratewohl umbringen.
Dann wiederum dachte ich an das Leiden des Mädchens im Saal, daran, wie ich gelitten hatte, damals. Alles schien sich zu wiederholen auf eine groteske Art... „Darf ich Platz nehmen?“ Monsieur Nachtsheims Stimme riss mich aus meinen Gedanken und ich sah zu ihm auf. „Selbstverständlich, Monsieur!“ antwortete ich und wies auf den Stuhl neben mir. Er setzte sich und sah mich an. „Ihr seht traurig aus, Madame! Ist etwas geschehen?“ „Ich... verzeiht, aber für WAS haltet Ihr mich, ich meine, was wisst Ihr über UNS?“ „Ich verstehe Eure Frage nicht ganz, aber ich halte Euch führ eine sehr anmutige, schöne, junge Dame!“ Ich schüttelte den Kopf und bedeutete ihm damit, dass ich dies nicht gemeint hatte. „Ich danke Euch für Euer Kompliment, Monsieur, aber die Frage war anders gemeint, also werde ich sie anders formulieren: Ihr habt doch sicher einen Grund, weshalb Ihr heute abend hier auf diesem Ball seid, nicht wahr?“ „Ich verstehe immer noch nicht, was Ihr meint, Madame!“ „Also gut, dann werde ich Euch ganz direkt fragen: WAS wisst Ihr über VAMPIRE?“ Erstaunt sah er mich an. „Nichts, gar nichts, ausser dass, was ich aus Filmen und Büchern kenne. Vampire sind Wesen der Nacht, trinken Blut und töten.“ „ Und was wäre, wenn ICH nun so ein VAMPIR wäre und töten könnte?“ „IHR??? Nein, Ihr seid viel zu schön dazu!“ „Aber meine Schönheit hat damit nichts zu tun! Ich... ich BIN ein Vampir und ich KANN töten, verzeiht, aber es ist so.“ sagte ich mit niedergeschlagener Stimme. Verblüfft und verwundert sah Monsieur Nachtsheim mich an und konnte oder wollte es nich glauben. „IHR???“ „Ja, ich. Diese Tatsache führt mich zu meiner nächsten Frage an Euch: Seid Ihr ein Jäger? Wisst Ihr, wie man UNS vernichten kann?“ „Ich, nein, ich bin kein Jäger und ich weiss nichts über EUCH oder wie man EUCH vernichtet, ausser die Sache mit den Kreuzen, Holzpflöcken und dergleichen, eben das, was ich, wie ich schon sagte, aus Filmen oder Büchern weiss!“ Während er sich erklärte, las ich seine Gefühle und fand nichts darin, was auf einen wirklichen Jäger hindeutete, er war verwirrt ob meiner Fragen und hoffte inständig, dass ich ihn nicht tötete, wenn ich tatsächlich ein Vampir war. „Ich glaube Euch, Monsieur, aber ich muss Euch dringend bitten, dieses Geheimnis für Euch zu bewahren. Kann ich Euch vertrauen in diesem Punkt?“ „Selbstverständlich, Madame!“ „Habt Dank, Monsieur Nachtsheim! Wollen wir wieder in den Ballsaal gehen?“ „Ja, das wäre auch mir recht!“ antwortete er mit spürbarer Erleichterung darüber, dass ich ihm nichts zuleide getan hatte, aber warum hätte ich das auch tun sollen? Er hatte mir keinerlei Anlass gegeben, ihn zu töten und ich war, um ehrlich zu sein, froh darum.
Alsbald läutete der Gastgeber, Monsieur Isidor dann auch den Abschluss des Festes ein, indem er in einer Abschlussdiskussion Meinungen darüber einholte, welches nun die grösste und mächtigste der sieben Todsünden, die UNS wohl alle erfüllten, an diesem Abend sei, er selbst sei der Meinung, dass es wohl der Hochmut sei.
Natürlich meldete Jerome sich als erster zu Wort, indem er ebenfalls den Hochmut als mächtigste aller Todsünden für den Abend postulierte. Ich hielt dagegen, und bestimmte, dass es wohl doch die Masslosigkeit sei, denn sie beinhalte schliesslich alle anderen Todsünden, man kann masslos hochmütig, zornig oder träge sein, erwähnte ich als Argument. Diese, für mich eher ermüdende Diskussion, endete schliesslich damit, dass Monsieur Isidor bestimmte, dass der Hochmut die grösste aller Todsünden sei, was mich aber nicht weiter überraschte, denn schliesslich war er der Hausherr und Gastgeber des Abends.
Dann endlich wurde der Ball durch die Dankesworte des Gastgebers für das zahlreiche Erscheinen der Gäste und für ihre Geschenke aufgelöst und ein allgemeines Verabschieden der Gäste untereinander begann. Ich jedoch stieg so schnell ich nur konnte, in eine dieser cremefarbenen Mietautomobile, die vor dem Schloss auf Fahrgäste warteten, ohne mich von irgendjemandem zu verabschieden. Ich weiss, dass dies in höchstem Maße unhöflich von mir war, aber zuviele Gedanken gingen mir durch den Kopf: Was war, wenn Jerome mir folgte? Eigentlich war ich sicher, dass er nicht gesehen hatte, wie ich das Schloss verliess, und überhaupt, was hatte er vor? Hatte er vielleicht an diesem Abend schon „Freunde“ gewonnen, die er nun gegen mich einsetzen konnte?
Ich machte mir ernsthaft Sorgen darüber, vor allem wegen Gabriel. Ich hatte Angst um ihn. Und ich hatte vor noch etwas anderem Angst, ich weiss, es klingt lächerlich, aber was würde geschehen, wenn Monsieur Nachtsheim mich ausfindig machen würde? Ich hatte ihm klar gesagt, WAS ich war und dass es UNS tatsächlich gibt. Was würde er nun mit seinem erlangten Wissen anfangen?
Als das Mietautomobil mich vor meinem Haus entliess, beschloss ich, nicht mehr an die Geschehnisse des Abends zu denken, ich konnte mir immer noch dann Gedanken um alles machen, wenn tatsächlich etwas geschah. Ich war nun wirklich müde, um nicht zu sagen erschöpft, und wollte nur noch schlafen. Schliesslich nahm ich von meinem eigenen Blut, damit ich in einen tiefen, traumlosen und ruhigen Schlaf fiel, aus dem mich Gabriel am nächsten Abend wecken sollte.
Louis, mein Liebster, natürlich werde ich Dir auch weiterhin schreiben, so wie sich die Dinge ereignen.
In Liebe,
Dein Dunkler Engel
Camilla |
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Datum: |
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16.03.2005 |
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Camilla |
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